Es kommt nicht wirklich oft vor, aber manchmal eben doch:
ungefähr zwanzig Jahre nach einer wichtigen Lebensentscheidung kommt noch
einmal eine überdeutliche Bestätigung, dass das damals genau die richtige
Entscheidung war. Bei mir ist es dieser Tage, genauer: seit der Wahl in
Griechenland - noch einmal die Erkenntnis, dass es damals richtig war, die
Beziehung zu dem Griechen, den ich vor der Küste Kaliforniens auf einem kurzen
Segeltörn kennengelernt hatte, und die schon nach wenigen Monaten längst nicht
mehr so unbeschwert und fröhlich weiterging, wie sie mal angefangen hatte, dann
doch nach viel zu langer Zeit irgendwann wieder zu beenden. Wenn ich mir
vorstelle, was ich mir jetzt vielleicht von ihm anhören müsste über die
furchtbaren deutschen Sparmeister, die das arme griechische Volk in Grund und
Boden ruinieren – dabei wäre er vermutlich gar nicht für die neue Regierung,
aber auf jeden Fall immer auf der Seite der Griechen... ach, wie bin ich froh.
Und das tut richtig gut.
Es gibt ja noch genug andere Dinge in der Welt, die man
nicht versteht – Ukraine und Separatisten, Syrien, Lybien, Anschläge hier und
dort, immer mal wieder tote Flüchtlinge im Mittelmeer – Herr Grass hat wohl
schon recht, leider, wenn er sagt, dass der ‚Dritte Weltkrieg’ längst begonnen
hat. Der Krieg der Armen im Süden gegen die reichen Ausbeuter im Norden. Und
der Krieg gegen diejenigen, die unter dem angeblich heiligen Mäntelchen der
Meinungsfreiheit keinerlei Rücksicht auf religiöse Gefühle und Überzeugungen
Andersdenkender nehmen. Muss Satire wirklich alles sagen, aussprechen, in den
Dreck ziehen? Muss Kunst immer provozieren, so wie es der dänische Künstler
behauptet, von dem sie jetzt sagen, er sei vermutlich der eigentlich Anvisierte
in Kopenhagen gewesen? Muss denn wirklich, wenn klargeworden ist, dass
verächtliche Karikaturen nicht auf wohlwollendes Verständnis stoßen, immer
nochmal wieder eine in derselben Art veröffentlicht werden? Warum gehört zur vielgepriesenen
Meinungsfreiheit nicht auch dazu, die Meinung der Anderen soweit zu
respektieren und gleichberechtigt neben der eigenen stehen zu lassen, dass alle
mit- und nebeneinander leben können? Und das gilt natürlich für beide Seiten.
Da gibt es noch sehr viel zu lernen. Und ich frage mich, wie das in diesen
aufgeheizten Verhältnissen noch möglich sein soll.
Bei solchen Überlegungen, einem eisig kalten Nebeldeckel und
schon wieder seit zwei Tagen keinen Sonnenstrahl gesehen, sinkt dann die
Stimmung trotz aller Freude über frühere gute Entscheidungen tief in den
Keller. Den ganzen Tag hatte mein Sohn Freunde zu Besuch (Faschingsferien!) und
so habe ich an dem Quilt gearbeitet, den ich für „True Blue“ in Australien
einreichen will. Seit September hatte ich vor, einen für diese Ausschreibung zu
machen, aber erst vor wenigen Wochen habe ich angefangen, Anmeldeschluss ist
Ende des Monats. Zwischendurch war wieder die große Bernina etwas zickig
eingestellt, so dass ich sie zweimal zum Händler bringen und dann auf der
kleinen nähen musste.
Das hat dem Quilt m.E. nicht unbedingt gut getan, ich bin
nicht wirklich zufrieden damit, wie er sich entwickelt hat, aber ich hatte
Befürchtungen, wenn ich nicht weiterarbeite, werde ich nicht mehr rechtzeitig
fertig... Jetzt fehlen noch ein paar Kleinigkeiten, Rand – vielleicht schaffe
ich es ja noch.
Aber das sind Tage, an denen ich überlege, ob es nicht
sinnvoller wäre, das mit den Art Quilts sein zu lassen und vielleicht doch
lieber Regale im Supermarkt einzuräumen. Und wer weiß, was ich in zwanzig
Jahren über diesen Tag denken werde?
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