Mittwoch, 18. Februar 2015

Und kaum zwanzig Jahre später...

Es kommt nicht wirklich oft vor, aber manchmal eben doch: ungefähr zwanzig Jahre nach einer wichtigen Lebensentscheidung kommt noch einmal eine überdeutliche Bestätigung, dass das damals genau die richtige Entscheidung war. Bei mir ist es dieser Tage, genauer: seit der Wahl in Griechenland - noch einmal die Erkenntnis, dass es damals richtig war, die Beziehung zu dem Griechen, den ich vor der Küste Kaliforniens auf einem kurzen Segeltörn kennengelernt hatte, und die schon nach wenigen Monaten längst nicht mehr so unbeschwert und fröhlich weiterging, wie sie mal angefangen hatte, dann doch nach viel zu langer Zeit irgendwann wieder zu beenden. Wenn ich mir vorstelle, was ich mir jetzt vielleicht von ihm anhören müsste über die furchtbaren deutschen Sparmeister, die das arme griechische Volk in Grund und Boden ruinieren – dabei wäre er vermutlich gar nicht für die neue Regierung, aber auf jeden Fall immer auf der Seite der Griechen... ach, wie bin ich froh. Und das tut richtig gut.
Es gibt ja noch genug andere Dinge in der Welt, die man nicht versteht – Ukraine und Separatisten, Syrien, Lybien, Anschläge hier und dort, immer mal wieder tote Flüchtlinge im Mittelmeer – Herr Grass hat wohl schon recht, leider, wenn er sagt, dass der ‚Dritte Weltkrieg’ längst begonnen hat. Der Krieg der Armen im Süden gegen die reichen Ausbeuter im Norden. Und der Krieg gegen diejenigen, die unter dem angeblich heiligen Mäntelchen der Meinungsfreiheit keinerlei Rücksicht auf religiöse Gefühle und Überzeugungen Andersdenkender nehmen. Muss Satire wirklich alles sagen, aussprechen, in den Dreck ziehen? Muss Kunst immer provozieren, so wie es der dänische Künstler behauptet, von dem sie jetzt sagen, er sei vermutlich der eigentlich Anvisierte in Kopenhagen gewesen? Muss denn wirklich, wenn klargeworden ist, dass verächtliche Karikaturen nicht auf wohlwollendes Verständnis stoßen, immer nochmal wieder eine in derselben Art veröffentlicht werden? Warum gehört zur vielgepriesenen Meinungsfreiheit nicht auch dazu, die Meinung der Anderen soweit zu respektieren und gleichberechtigt neben der eigenen stehen zu lassen, dass alle mit- und nebeneinander leben können? Und das gilt natürlich für beide Seiten. Da gibt es noch sehr viel zu lernen. Und ich frage mich, wie das in diesen aufgeheizten Verhältnissen noch möglich sein soll.

Bei solchen Überlegungen, einem eisig kalten Nebeldeckel und schon wieder seit zwei Tagen keinen Sonnenstrahl gesehen, sinkt dann die Stimmung trotz aller Freude über frühere gute Entscheidungen tief in den Keller. Den ganzen Tag hatte mein Sohn Freunde zu Besuch (Faschingsferien!) und so habe ich an dem Quilt gearbeitet, den ich für „True Blue“ in Australien einreichen will. Seit September hatte ich vor, einen für diese Ausschreibung zu machen, aber erst vor wenigen Wochen habe ich angefangen, Anmeldeschluss ist Ende des Monats. Zwischendurch war wieder die große Bernina etwas zickig eingestellt, so dass ich sie zweimal zum Händler bringen und dann auf der kleinen nähen musste. 


Das hat dem Quilt m.E. nicht unbedingt gut getan, ich bin nicht wirklich zufrieden damit, wie er sich entwickelt hat, aber ich hatte Befürchtungen, wenn ich nicht weiterarbeite, werde ich nicht mehr rechtzeitig fertig... Jetzt fehlen noch ein paar Kleinigkeiten, Rand – vielleicht schaffe ich es ja noch. 



Aber das sind Tage, an denen ich überlege, ob es nicht sinnvoller wäre, das mit den Art Quilts sein zu lassen und vielleicht doch lieber Regale im Supermarkt einzuräumen. Und wer weiß, was ich in zwanzig Jahren über diesen Tag denken werde?

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