Als ich im Februar einmal mit dem Zug unterwegs war, fiel
mir eine Frau im Waggon auf, die eine patchworkartig-gestrickte Jacke anhatte.
Immer wieder habe ich zu ihr hinübergelinst, über den Gang hinüber. Als sie
sich zum Aussteigen bereit machte, nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte
sie, ob ich mir das Muster mal kurz genauer betrachten dürfte. Ich durfte – und
während ich versuchte, mir in kürzester Zeit das Prinzip zu entschlüsseln und
einzuprägen, sagte sie mir plötzlich, sie hätte sowieso schon länger überlegt,
ob sie mal einen Kurs bei mir machen könne.
Mit dieser Bemerkung hatte ich nicht gerechnet. Zugegeben,
ich hatte eine Rolle mit Quilts dabei, die ihr aufgefallen sein konnte, als ich
in den Zug eingestiegen bin. Außerdem baumelte der Handquiltrahmen außen an
meiner Reisetasche, und Quilterinnen haben ja ein Auge dafür, einander zu
erkennen. Aber dies war noch eine andere Qualität des Erkennens, denn sie
wusste genau, wer ich bin. Damit rechnet man ja nicht unbedingt. Ich nämlich
wusste nicht, wer sie war, konnte mich nicht erinnern, ihr schon einmal
begegnet zu sein, und zum Vorstellen und kurzen Plausch blieb eigentlich nicht
genügend Zeit. „Berühmt“ ist da sicherlich der falsche Begriff, aber eine winzige
Vorstufe – „bekannt in bestimmten Kreisen“ – ist es offensichtlich schon. Zwei
mögliche Kurstermine konnte ich ihr immerhin kurz nennen, bevor sie dann schon
aussteigen musste.
Das Strickmuster war also im Gespräch ‚untergegangen’, und
eine Zeitlang hoffte ich, dass sie sich vielleicht tatsächlich mal für einen
Kurs anmelden würde, und vielleicht dann auch wieder ihre Strickjacke
anhätte...
Unterdessen habe ich zu Hause versucht, das Prinzip zu
rekonstruieren, und bin auch soweit gekommen, dass ich eigentlich wusste, wie
die einzelnen ‚Patches’ hergestellt worden waren. Unter ‚Patchworkstricken’ und
die großen Suchmaschinen findet man ja schon so einiges. Die Feinheiten
auszutüfteln hatte ich mir dann für ‚nach dem Elsass’ aufgehoben.
Dazu sollte es dann aber gar nicht mehr kommen. Als ich im
September in Erding mit den Stoffen war, kam sie plötzlich auf mich zu, fragte
fröhlich lächelnd „Wollen Sie eigentlich das Strickmuster gerne haben?“
Das bekam ich dann tatsächlich ein paar Tage später
zugeschickt, mit ausführlichem Erfahrungsbericht und Hinweis auf
Problemlösungen, die vom Schnittmuster abwichen. Inzwischen habe ich zumindest
Maschenproben entsprechend der Anleitung gestrickt und herausgefunden, dass die
Tüfteleien, die ich mir noch vorgenommen hatte, im Muster selbst gar nicht
gelöst worden waren. (Ich wollte nämlich unbedingt von der übriggebliebenen
Masche aus gleich weiterstricken, um das Vernähen von Fäden möglichst
vollkommen zu umgehen.)
Also mal wieder ein Strickprojekt. Genau das Richtige für
die kommenden kälteren Zeiten – mal wieder etwas anderes außer Socken, etwas
Schönes stricken.
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