Samstag, 27. April 2013

Was man beim Unterrichten alles lernen kann...


Ich unterrichte gerne, hatte ja ursprünglich sogar mal einen Lehramtsstudiengang absolviert. Warum ich mich dann gegen den Schuldienst entschieden habe, ist eine andere Geschichte, die nicht hierher gehört. Jedenfalls habe ich dann in meinem vorigen Leben eine ganze Weile Studierende verschiedener Fachrichtungen unterrichtet, und auch das Unterrichten von Patchworkkursen macht mir großen Spaß. Ich betrachte es sogar als eine Art Auftrag, meine Kenntnisse auf dem Gebiet an andere weiterzugeben. Es ist toll, zu sehen, wie im Laufe eines Kurses ‚die Groschen fallen’, oder auch über eine gewissen Zeit hinweg Entwicklungen stattfinden.
Am spannendsten ist letztendlich aber doch immer, was ich selbst bei jedem einzelnen Kurs lerne. Das können ganz unterschiedliche Dinge sein. Angefangen natürlich bei der sozialen Interaktionsfähigkeit - die unterschiedlichsten Menschentypen, auf die man emotional reagiert, und trotzdem sollen alle gleich nett und verständnisvoll behandelt werden...
Aber auch sonst noch so einiges für sich ganz persönlich. Im Anfängerkurs, den ich im Januar und Februar an der Volkshochschule Landshut unterrichtet habe, hatte ich gelernt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, von meinem Prinzip, den Leuten keine direkte Anleitung zu geben, sondern ihnen die Fähigkeiten beizubringen, mit denen sie einen eigen Plan zu entwickeln, abzuweichen. Konkret heißt das, dass ich auch im Anfängerkurs eigentlich am liebsten nur Techniken beibringe – z.B. Four- bzw. Nine Patch, schnelle Dreiecke, Streifentechnik – aber ihnen keine Größenvorgaben mache, und dann auch nicht sage: „Und daraus macht Ihr dann ein Kissen/Tischset/was auch immer.“ Zu  Ende des Kurses wurde mir aber von einigen Teilnehmerinnen zu verstehen gegeben, dass sie sich so etwas doch gewünscht hätten. Bei meinem Kurs zu Hause stand diesmal „Seminole-Technik“ auf dem Programm, und nach der Erfahrung aus dem Anfängerkurs dachte ich mir, dass es vielleicht für die Teilnehmerinnen auch nicht zufriedenstellend wäre, nur die verschiedenen Seminole-Muster als Musterstücke zu haben, die entstanden, als die verschiedenen schräg oder gerade abgeschnittenen Streifenfolgen ausprobiert wurden.
Also dachte ich, ich müsste ihnen vielleicht doch auch noch irgendetwas anderes bieten, damit dort nicht eine ähnliche Unzufriedenheit aufkäme wie in Landshut. Im Eine-Welt-Laden hatte ich neulich ein Ledertäschchen gekauft, von dem ich glaubte, dass man es als eine Art Vorlage nehmen könnte. 

Ledertäaschchen aus dem Eine-Welt-Laden

Ich habe den Schnitt abgeschaut, mir die Tasche genau von innen angesehen, die Ausgestaltung ein wenig verändert, indem ich ein Innenfutter eingefügt habe, und sie anschließend aus den Seminole-Mustern nachgenäht. Wie sehr ich damit über meinen eigenen Schatten gesprungen bin, merkte ich, während ich damit beschäftigt war. Ich habe es einfach überhaupt nicht mit Patchworktäschchen, und jede neu einzufüllende Waschmaschinenladung war spannender, als auszutüfteln, wie ich den Reißverschluss einnähen könnte oder müsste, damit es nicht zu schwierig wird.
Aber ich habe es hingekriegt, das Ding sieht sogar ganz nett aus.
Als ich es den Teilnehmerinnen präsentierte, waren die allerdings gut erstaunt – sie hätten nicht gedacht, dass ich ihnen ein Täschchen zum Nachnähen präsentieren würde. Und die  meisten hätten das auch gar nicht gebraucht. Christine hatte sowieso bereits eine große Decke aus den verschiedenen Teilen genäht, in die sie auch gleich noch einige Afghanistan-Quadrate eingebaut hatte, wunderbar gelungen Helga, die mit diesem Kurs erst angefangen hatte, hatte sich hingesetzt und eine sehr geschmackvolle Tasche für ihre Schneidematte genäht. (Und von beiden habe ich kein Foto gemacht). Die anderen hätten auch einfach noch ein paar weitere Muster ausprobiert, sich dann etwas ausgedacht, und wären glücklich gewesen. Das Täschchen genäht haben dann aber doch alle ganz brav.

Links meins, rechts das fertige Täschchen von Sabine
Was habe ich daraus gelernt? Jeder Kurs hat seinen eigenen Charakter – was für die  einen gut wäre, muss bei den anderen nicht unbedingt nötig sein. Diese Gruppe, die schon ein bisschen länger ‚bei mir’ in die Lehre gegangen ist, hatte es schon kapiert, dass ich sie zwar angeleitet, aber doch auf eigene Wege schicken möchte. 
Und noch etwas habe ich daraus gelernt: sich selbst treu bleiben. Täschchen nähen ist eben nicht meins, dann brauche ich es auch nicht zu unterrichten. Es gibt sicherlich genügend andere, die daran Freude finden.

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