Montag, 12. Dezember 2016

Zwischen November-Kollektion und Leitkultur

Heute hat Leah Higgins auf ihrem Blog gefragt, wo denn die Woche geblieben sei. Und das gleiche könnte ich auch fragen. Ohne eine Antwort zu wissen.
Vergangenen Montag habe ich die November Kollektion des Stoff-Abos zur Post gebracht - aber erst heute bin ich dazu gekommen, tatsächlich ein Foto davon zu machen. Und auf die Homepage hochladen werde ich das sicherlich erst morgen... und frühestens nachmittags.


Nur soviel hier: es wird einige Einzelpackungen geben. Die müssen allerdings erst noch geschnitten werden...
Dienstag morgens unterrichten, und  nachmittags war ich in München, um die Ausstellung der International Threads abzuhängen. Das geht ja immer schneller als das Aufhängen, und wenn man dann 'danach' mit einer vollständig eingepackten Ausstellung vor dem Ausstellungslokal steht, kommt ein wehmütiges Gefühl auf.


Vielen Dank an Christine Köhne von Quilt et Textilkunst für die schöne Gelegenheit, in München auszustellen!

Mittwoch nur Unterricht und der Alltagswahnsinn zu Hause, und Donnerstag die zweite Tour nach München. Diesmal mit der Flüchtlingsklasse, zur Debatte des neuen bayerischen Integrationsgesetzes im Landtag. Da haben die Reporter schon etwas erstaunt geguckt, als wir mit 23 Leuten im Foyer des Sitzungssaales auftauchten. In den abendlichen Nachrichten allerdings wurden wir, obwohl wir mehrfach ins Visier der Kameras genommen worden waren, nicht gezeigt. Seitdem mache ich mir verschärft Gedanken über dieses unsägliche Wort 'Leitkultur', das als Zielgröße im Gesetz festgeschrieben, aber nirgendwo definiert wird. Wer bestimmt, was Leitkultur ist oder sein darf? Ist es überhaupt erstrebenswert, so etwas zu haben? Heißt es nicht in unserer Nationalhymne "Einigkeit und Recht und Freiheit" - soll das bedeuten, dass Einigkeit eine Art Gleichmacherei ist, und die Freiheit nur die ist, sich an diese einheitliche 'Kultur' (von der wir ja, wie gesagt, eigentlich gar nicht wissen, was sie darstellt) anzupassen? Kann man von ausländischen Menschen, die sich in Deutschland aufhalten, ernsthaft verlangen, dass sie sich an der deutschen Leitkultur orientieren müssen? Wichtiger noch: was passiert mit den Deutschen, die sich nicht an der deutschen Leitkultur orientieren mögen? Gegebenenfalls ich würde den Test bezüglich meiner Tauglichkeit für die bayerische Leitkultur nicht bestehen, was würde dann mit mir passieren? Baden-Württemberg ist bestimmt ein sicheres Herkunftsland, kann man mich dann dahin abschieben? (Glücklicherweise bin ich ja im Kirchenasyl, also wohl keine ernsthafte Gefahr.) Meine heute entstandenen Vanille-Kipferl entsprechen sicherlich nicht der Leitkultur-Industrie-Norm: zu klobig.


Kommt jetzt die Leitkulturpolizei, um zu kontrollieren?
Manchmal frage ich mich, mit welchem Bild von Deutschland diese Leute irgendwann nach Hause zurückkehren oder weiterziehen werden, wenn die Ausländerbehörden es dann irgendwie geschafft haben, sie loszuwerden oder zu zermürben. Die meisten kommen aus Ländern, wo Gastfreundschaft eine sehr hoch geschätzte Selbstverständlichkeit ist.  ... Themawechsel, es wird sonst zu unerträglich.

Trotz allem habe ich es geschafft, ernsthaft wieder an der Nähmaschine zu sitzen. Ein Quilt in der Serie text messages, den ich schon vor fast zwei Jahren begonnen hatte, wird jetzt weiter bearbeitet. Erst musste ich längere Verhandlungen mit der Maschine führen und sie sehr geduldig davon überzeugen, dass ich das jetzt wirklich so machen wollte und sie bitte nicht ständig Schlaufen unten, Schlaufen oben, Anzeige, dass unten etwas blockiert sei, machen solle.



Inzwischen glaubt sie mir auch fast immer, dass es so geht. Nur manchmal, wie ein kleiner Rülpser, oder ein letzter Rest Widerstand, versucht sie nochmal, ob nicht doch sie diejenig sei, die Recht behält... Aber mit Geduld und Spucke wird es schon werden. Geduld allerdings brauche ich hier eine Menge, es ist viel Text.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen