Dienstag, 4. Oktober 2011

Eine Nähmaschine für Pythagoras!


Während der Vorbereitungen und Färbeaktion für die Kollektion September 2011, und einer weiter benötigten Eingewöhnungszeit an einen Schulrhythmus ist die eigene Kreativität etwas zu kurz gekommen. Dazu kam dann noch dieses gloriose Spätsommerwetter der letzten Tage, das geeignet war, wenigstens gefühlsmäßig den verregneten Sommer etwas auszugleichen. Aber dafür musste ich raus, im Garten werkeln. Zum Beispiel musste mein Quittenbaum wegen der reichen bevorstehenden Ernte davor bewahrt werden, dass alle Äste abbrechen.


Nun gut, muss auch mal sein.

Vergangenen Sonntag allerdings habe ich mich dann an ein Problem gesetzt, das mir schon lange im Kopf rumging und das ich unbedingt gelöst haben wollte, bevor ich am nächsten Wochenende den Restekurs am Petersberg unterrichten werde. Als ich noch traditionelle Muster genäht habe, habe ich mich immer gewundert, warum es denn eigentlich keine „Flying Geese in Streifentechnik“ gibt. Es kam mir so vor, als ob das möglich sein müsse.
Diese Vermutung basierte auch auf meiner Neigung, oder besser gesagt: Abneigung, einfach vorgegebene Maßangaben zu übernehmen. Wenn, dann wollte ich selbst bestimmen können, wie breit meine Gans-Streifen sein sollen (also vielleicht 4,7 cm...) und nicht einfach nachschneiden, was mir irgendjemand in einem Buch vorgibt.
Nun war ich in Mathematik nie eine besondere Leuchte, v.a. auch, weil ich während des Schulunterrichts bei den meisten Sachen den Realitätsbezug nicht erkennen konnte. Dreisatz, gut, den braucht man, um die Maschenzahl beim Stricken auszurechnen, Wahrscheinlichkeits-rechnung ist nötig, um die Gewinnchancen beim Lotto auszurechnen (aber nachdem man das einmal in der Klausur gemacht hat, weiß man, dass diese Chancen sehr gering sind, und dann braucht man das nicht noch einmal auszurechnen) und von Pythagoras sind zumindest auch ein paar Formeln hängengeblieben. Aber dummerweise kannte Pythagoras ja noch nicht das Problem mit den Nahtzugaben.

Ich habe also ewig rumgerechnet und probiert, weil ich mir einbildete, es müsse doch möglich sein, sich vorher auszurechnen, wie lang man ein Stück Streifen abschneiden müsse, um dann darauf mit Quadraten, die man aufnäht und dann die überstehenden Dreiecke abschneidet, ein schönes Flying Geese Muster hinzukriegen. 

Je länger ich probierte, desto frustrierter wurde ich. Flying Geese kriegt man mit Streifentechnik schon hin – aber nicht ganz ‚richtig’ von den Maßen her, es sind also eher ‚Falsche Gänse’. Und v.a. gelang es mir nicht, die benötigten Längen der Streifen zu ermitteln.

Dann habe ich mich von der Vorstellung mit den Streifen verabschiedet und nur noch nach „Rollschneider-fähig/Schnellschneide-Technik“ weitergesucht. Schließlich bietet sich ja auch die Möglichkeit, das ‚Gans’-Dreieck durch Vierteln aus einem großen Quadrat zuzuschneiden, und die Himmel-Teile dann aus diagonal geteilten kleineren Quadraten. Aber wie groß genau müssen die nun sein?

Gevierteltes Quadrat für Gans-Basis

Und gerechnet und probiert und getan und... drohte immer frustrierter zu werden. Irgendwann hatte ich dann zwar ein Ergebnis, das zu stimmen schien, aber ich konnte nicht erklären, wie ich denn nun dazu gekommen war – von welchem Wert war ich nochmal ausgegangen?

Versuche, meine 'Flying Geese'-Berechnungen nachznähen

Diverse Rechnungen, nicht schulkonform...
Nachdem ich noch einmal darüber geschlafen hatte und dann ein bißchen „kreativen Abstand“ genommen habe, 

Kreativer Abstand:
Ein Tag am See mit vielen schönen Spiegelungen
habe ich mich ein weiteres Mal hingesetzt und alles systematisch durchgerechnet.

Und jetzt habe ich es tatsächlich rausgefunden und werde den Kursteilnehmerinnen sagen können, wie es geht. Man muss nämlich von den fertigen Maßen ausgehend die Quadrate berechnen und dann erst die Nahtzugaben hinzufügen, nicht schon von Anfang an mit den Nahtzugaben rechnen. Da hat Pythagoras eben damals noch nicht dran gedacht.
Nun bin ich gespannt, wie die Kursteilnehmerinnen das finden. Denn die einfachste Methode ist natürlich doch, die gewünschte Größe auf ein Blatt Millimeterpapier aufzuzeichnen, die Nahtzugabe drumherum zu ziehen, dann auszumessen – und dann kriegt man den Wert letztendlich auch raus.
Aber ich weiß jetzt, wie es mit dem Rechnen geht. Wenn ich irgendwann mal einen Flying-Geese-Quilt mit 4,3-cm-Basis nähen möchte...

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