Dienstag, 1. November 2011

Ein Jahr Blog

Gegen Ende meines früheren Lebens als Sprachwissenschaftlerin begegnete mir zum ersten Mal das Phänomen der Hypertexte. Es wurde damals heftig diskutiert, ob solche Texte Literatur sein könnten, wenn sie doch keine ‚endgültige’ Form hätten, erstens, weil sie nie in einer ‚endgültigen gedruckten Fassung’ vorlägen und ständig geändert werden könnten, und zweitens, weil ja verschiedene Leser sie in unterschiedlicher Reihenfolge lesen könnten und deshalb keine ‚gleiche’ Rezeption gewährleistet werden könne. Viele Gedanken habe ich mir darüber zwar nicht gemacht, hielt es aber doch für eine Art vorübergehenden Firlefanz. Als ich dann ein paar Jahre später mitbekam, dass es so etwas wie Blogs gibt, konnte ich mir erstmal recht wenig drunter vorstellen, vor allem hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, nachzuvollziehen, warum jemand das Bedürfnies haben würde, ein „Internettagebuch“ zu schreiben, wie das manchmal auf Deutsch genannt wurde.
In einem Gespräch mit Jane Willoughby Scott auf Nancy Crows Farm erzählte sie, dass sie die Empfehlung bekommen habe, Künstler sollten auf jeden Fall einen Blog schreiben. Auch damals konnte ich mir noch nicht recht vorstellen, dass jemand sich dann auch hinsetzen und das lesen würde. Aber dann hat Bonnie Bucknam angefangen, für ihr Guatemala-Projekt einen Blog zu schreiben, den ich ziemlich bald einigermaßen regelmäßig gelesen habe. Über sie habe ich weitere Blogs entdeckt (z.B. den immer wieder interessanten Blog von Kathy Loomis oder den sehr lehrreichen über 365 Maschinenquiltmuster), und irgendwann merkte dann auch ich, dass es erstens Spaß machen kann, Blogs von anderen zu lesen, und zweitens durchaus sinnvoll sein kann, einen eigenen Blog zu schreiben.
Als ich dann vor etwas über einem Jahr anfing, mein Stoff-Abo zu entwickeln, war mir auch ziemlich bald klar, dass ich das auf jeden Fall durch einen Blog begleiten wollte, und dementsprechend waren ja auch die ersten Einträge auf diesem Blog mit diesem Thema beschäftigt. Den ersten Blog-Eintrag schrieb ich in einer Nachtsitzung am 1. November 2010.
Gleichzeitig war dann auch das Bedürfnis entstanden, für meine vielen internationalen Kontakte, die kein Deutsch können und die mir aber sehr wichtig sind, einen Blog auf Englisch zu schreiben, damit die auch eine Möglichkeit hätten, mitzubekommen, was mich in meinem Leben als Quilterin bewegt. Zweisprachig in einem Blog wollte ich nicht machen, um die Lesefreundlichkeit für die jeweilige Zielgruppe zu gewährleisten. Allerdings war mir klar, dass die zwei Blogs nicht vollständig gleich sein sollten, sondern ich würde eine unterschiedliche Gewichtung der Themen verfolgen. Auch, um es für mich interessanter zu machen – immer zweimal den (ungefähr) selben Text in unterschiedlichen Sprachen zu schreiben stellte ich mir etwas öde vor.
Der erste Eintrag auf dem englischen Blog folgte also zwei Tage später. Hauptsächlich aus Kostengründen (Portokosten) vermutete ich, dass ein internationaleres Publikum vermutlich nicht so sehr an den Färbe-Aktivitäten für mein Stoff-Business interessiert wäre, und habe Einträge zu diesem Thema in der Regel auf den deutschen Blog beschränkt. Auf dem englischen Blog berichte ich mehr über meine persönlichen Erfahrungen mit Kunst von anderen, außerdem finden sich dort auch meine Berichte über mein persönliches Daily Art Projekt „Daily Oak“.
Ganz langsam wuchs die Zahl meiner ‚registrierten Leser’ – was meinen Mann erstaunte. Nicht, dass es langsam geschah, sondern dass überhaupt jemand auf die Idee käme... Mittlerweile liest er aber auch manchmal mit.
Über das Jahr hinweg habe ich dann allmählich die verschiedenen Funktionen von Blogger kennengelernt – vermutlich bei weitem noch nicht alle, aber es muss ja auch für mich noch etwas zu entdecken geben. Erst nach ein paar Monaten habe ich kapiert, dass man einen Eintrag entwerfen, speichern, und erst zu einem späteren, vorher festgelegten Zeitpunkt veröffentlichen konnte. Was natürlich schön ist, um vielleicht eine urlaubsbedingte Lücke möglichst gering zu halten, aber andererseits vorher ziemlich in Stress ausarten kann, wenn man mehrere Einträge vorbereiten muss.
Ich bin auch immer noch dabei, zu lernen, was das Schreiben eines Blogs beinhaltet. Was ist wirklich ein gutes Thema, um darüber zu schreiben? Nicht immer hat man wirklich zu jedem Thema etwas Vernünftiges oder Interessantes zu sagen. Aber es spornt an, sich auch über Themen zu informieren, über die man sich sonst vielleicht nicht viele Gedanken gemacht hätte.
Beim Workshop in Falera habe ich dann erstmals gemerkt, dass deutlich mehr Leute lesen, als registrierte Leser am rechten Rand vermerkt sind, weil mich einige der Teilnehmerinnen auf verschiedene Blogeinträge angesprochen haben. 
Im August schließlich hat Blogger seine Oberfläche für die Erstellung geändert, und ich habe auch – für meine Verhältnisse erstaunlich schnell, weil ich mich gar nicht gerne auf neue Benutzeroberflächen einstelle, nachdem ich mich erstmal an eine gewöhnt habe – die neue Variante tatsächlich ausprobiert. Und da kann man Statistiken abrufen, wieviele Leute an welchem Tag den Blog angeklickt haben. Das sieht dann ungefähr so aus:


Zu meiner Überraschung waren da plötzlich ganz viele Leser!  Was mich natürlich sehr erfreut, und an dieser Stelle möchte ich allen danken, die immer mal wieder hier vorbeischauen. 
Ich bin selbst gespannt darauf, wie sich der Blog entwickeln wird, denn die Themen sind sicherlich noch nicht alle ausgeschöpft.

Das einjährige Jubiläum des (deutschen) Blogs fällt ja auch mit dem einjährigen Jubiläum meines Stoff-Abos zusammen. Wie ich das feiern werde, können Sie übermorgen hier auf dem Blog lesen.

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