Donnerstag, 9. Dezember 2010

Tradition vs. Moderne

Seit ich vor einigen Tagen auf meinem englischen Blog über Weiße Wände geschrieben habe, arbeite ich an dem zweiten Quilt, den ich bei der Ausschreibung der Patchworkgilde Deutschland e.V. zur nächsten Ausgabe der „Tradition bis Moderne“ einreichen will.
Da es heisst, dass anonym juriert wird, wollte ich nur Quilts einreichen, denen man nicht unbedingt ansieht, dass sie von mir sind. Aus diesem Grund kam es nicht in Frage, einen neuen Quilt aus der Serie „Linienspiele“ einzureichen, obwohl mir auch da genügend Ideen im Kopf herumschwirren.
Der erste Quilt ist bereits seit Anfang Oktober fertig, und ich habe ihn ganz bewusst nicht bei der Ausstellung am Petersberg gezeigt, damit er für die Tradition bis Moderne noch in Frage kommt. Für den zweiten Quilt versuche ich mich an einer modernen Umsetzung eines traditionellen Musters.

Ich liebe traditionelle Quilts. Vor allem alte Quilts haben es mir dabei angetan. Einer der beeindruckendsten Quilts, die ich je gesehen habe, war ein Quilt im Muster „Jakobsleiter“, den ich 2006 im North Carolina Museum of History in Raleigh, North Carolina gesehen habe, Teil der Ausstellung „Stitched from the Soul – The Farmer-James Collection of African American Quilts“. Leider besitze ich lediglich noch einen Ausdruck des eingescannten Prospekts des Museums, aber auch beim Blick auf dieses Abbild des Projektes kann ich noch immer deutlich die Faszination spüren, die von diesem Quilt ausgeht:

Außerdem war ich begeistert von den Amish Quilts, die vor zwei Jahren in der Müncher Pinakothek der Moderne ausgestellt waren. (Weniger begeistert war ich von den eingeschränkten Raumverhältnissen jener Ausstellung, aber das ist ein anderes Thema.)

Warum arbeite ich dann trotzdem fast ausschließlich modern, d.h. mit eigenen Entwürfen, für die ich mir die Anregungen auf die verschiedensten Arten hole?
Eine Kursteilnehmerin beim UFO-Kurs am Petersberg, die sich bei der Vorstellung als eingeschworene Traditionalistin bezeichnet hatte, brachte es nach den zwei Tagen, die sie mit einem traditionellen UFO verbracht hatte, ungefähr folgendermaßen auf den Punkt: „Bei den traditionellen Mustern macht man ja letztendlich doch immer das gleiche!“ Zwar bieten sich natürlich bei jedem traditionellen Muster Wahlfreiheiten in Bezug auf Farbgestaltung, Stoffauswahl etc. Und trotzdem ist die häufig wiederholte Herstellung eines einzigen (oder auch mehrerer verschiedener Blöcke) eben genau das: eine Wiederholung gleicher Tätigkeiten, die mir in den allermeisten Fällen nicht genügend Anforderungen an meine Kreativität stellen.
Wenn ich früher Pullover gestrickt habe, habe ich jede Anleitung gleich verändert. Oder sowieso einfach einen eigenen Entwurf gearbeitet.
So geht es mir heute auch beim Kochen – ein Rezept dient lediglich als Anregung und wird dann, wenn ich z.B. nicht alle geforderten Zutaten im Haus habe, einfach verändert. (Aber auch wenn alles da wäre, koche ich eigentlich nie so, wie es da steht.)
Bei traditionellen Mustern in Quilts hingegen kann man nicht soviel verändern, ohne dann das ganze Muster durcheinander zu bringen. Von traditionellen Mustern fühle ich mich, beim Nacharbeiten, persönlich eingeschränkt.
Eine weitere Faszination der alten Quilts besteht für mich darin, zu sehen, wie die damaligen eingeschränkten Möglichkeiten der Stoffauswahl keineswegs zu eingeschränkten Verwirklichungen der Muster geführt haben. Vielfach resultiert ihre Schönheit gerade aus den reduzierten Mitteln, mit denen damals gearbeitet werden musste. Die Wiederverwendung von abgetragenen Kleidungsstücken, z.B., wie sie bei den wunderbaren Quilts der ersten Gee’s Bend Ausstellung zu sehen war, macht einen ganz besonderen Reiz aus. Hier ist ein Foto der amerikanischen Briefmarkenserie, die aus Anlass des Erfolges der ersten Gee's Bend-Ausstellung von der amerikanischen Post herausgegeben wurde:


Mein derzeitiger Versuch, einen fast-traditionellen Quilt für die Tradition bis Moderne zu machen, bereitet mir dieser Tage allerdings ein paar technische Schwierigkeiten. Ob ich diese noch bis zum Abgabetermin – Poststempel vom 31.12.2010 – für mich zufriedenstellend lösen werde, wird sich erst noch zeigen. Und dann auch darüber bestimmen, ob ich eventuell mal wieder in dieser Richtung arbeiten werde.

Ich werde darüber berichten, wenn ich das weiß, und mehr verraten darf.

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