Dienstag, 28. August 2018

Reste, Reste, Reste


Für die Mitgliederzeitschrift der Patchworkgilde Deutschland hatte ich Anfang des Jahres einen geschichtlich orientierten Artikel aus dem Englischen übersetzt, in dem die Entstehung und Veränderung der „English Paper Piecing“ Methode beschrieben wurde. Früher hatte ich einige Hexagon-Quilts genäht, das war dann etwas eingeschlafen, wenngleich ich die Schablonen noch nicht entsorgt hatte.
Durch die Übersetzung ist die Faszination dieser Methode wieder neu entflammt. Nicht, dass meine Scraps-Orientierung je nachgelassen hätte, einen Stoffrest größer als 2cm2 kann ich nicht wegwerfen, und das farbliche Sortieren ist immer wieder eine Art Meditation. Auch das Daily-Art-Projekt„A Scrap a Day“ ist ein Beweis dafür, wie sehr ich mit Resten befasst bin.

Das gilt sogar auch für Wollreste – vor kurzem habe ich angefangen, ein Schultertuch aus den Resten der Sockenwolle meiner zahlreichen Sockenproduktionen zu stricken, das ein Mehrjahresprojekt zu werden verspricht.




Und dann natürlich die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Urlaub – ausser dem Daily Art habe ich noch mehrere andere Resteverwertungsprojekte mitgenommen. Zum Beispiel immer Socken. Drei Paar sind schon fertig, das 4. ist angefangen.



Den neuen Wollwickler habe ich mitgenommen.


Und so puzzle ich vergnügt vor mich hin. Zum Beispiel seit ein paar Wochen die Drachen, die mit Streifen zum Sechseck werden sollen. Ursprünglich wollte ich nur Hemdenstoffe nehmen. Aber das hat sich natürlich alles mal wieder verselbständigt, mittlerweile sind alle möglichen anderen Streifenstoffe, und Hemdenstoffe sind eigentlich noch gar nicht soviele dabei. 


Bei Mama kann man außerdem auch in ihrem Vorrat suchen, sie hat garantiert andere Streifenstoffe als man selbst…



Des weiteren schneide ich große Dreiecke, kleine Dreiecke – alles hervorragende Möglichkeiten, in der Restekiste zu stöbern, Stoffstückchen hin und her zu schieben und immer mal wieder ein paar Stückchen zusammen zu nähen. 


Dienstag, 21. August 2018

Wiedersehen macht neu sehen

Während der afrikanische Gärtner auf unser Haus aufpasst, und dort die Ruhe von der sonst umtriebigen und nicht immer konfliktfreien Umgebung seiner Mitbewohner genießt, sind wir im Urlaub. Neulich waren wir essen in einem Restaurant, wo das Essen zwar gut war, aber die Preise m.E. der Qualität des Servierten doch nicht ganz angemessen waren. Aber vermutlich hat man auch für diesen Blick bezahlt -


den ich allerdings im Rücken hatte. Trotzdem ist der Erholfaktor gegeben, ich habe einige der Dinge, die auf der to-do-Liste stehen, immer noch dort stehen und noch nicht abgearbeitet, und werde das nur allmählich angehen.

Es gab schon einige Wiedersehen, nicht nur mit den Schwagern, mit denen wir ein paar nette Tage verbracht haben (abendliche TAC-Spiele - ganz toll!). Gestern habe ich meine Patin besucht, deren Patenfunktion natürlich schon lange 'abgelaufen' ist, die aber nicht so weit entfertnt wohnt. In ihrer neuen Wohnung hingen wieder an der Wand einige Textilbilder, die mir aus meiner Kindheit sofort in Erinnerung kamen, es hat Zeiten gegeben, da war ich aus lebenswichtigen Gründen öfter bei ihr. Ich hätte vermutlich nicht aktiv beschreiben können, dass diese Textilbilder damals in der Wohnung hingen, aber als ich sie gestern sah, war es mir sofort klar, dass die damals auch schon meine Bewunderung fanden. Es sind handgestickte Seidenbilder aus Korea, die in einer wunderbar feinen und abgestimmten Art gefertigt sind:




Ich nehme an, dass mir damals die Feinheit der Arbeit nicht aufgefallen ist, aber diesmal habe ich sie mit großer Freude betrachtet, sie bestimmen den Raum und hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

Aber es gab auch ein anderes Wiedersehen. Meine Schwiegermutter hat bereits mehrere meiner Quilts gekauft, und einer dieser Quilts ist mittlerweile bei dem Schwager, in dessen Haus wir uns gerade aufhalten, gelandet. Er hängt in dem Zimmer, in dem wir übernachten, und kommt hier ganz anders zur Geltung, als das in der Wohnung meiner Schwiegermutter der Fall war. Angefertigt habe ich ihn damals für die Ausstellung im Museum in Weilheim, vor 10 Jahren, wo es eine sehr schmale Wand gab, die ich nicht 'unbesetzt' lassen wollte. Auch bei meiner Schwiegermutter hing er an einer schmalen Wand, hier aber hat er viel Platz um sich herum.

Metamorphosen XXII, 40 x 178 cm, 2007

Und je länger ich ihn in den letzten Tagen betrachtet habe, desto besser gefällt er mir. Und mir ist klargeworden, dass er durchaus in die Kategorie 'Modern Quilt' passen würde, Modern Improv, wie es heute so schön heißt. Ohne dass ich mir damals soviel Gedanken über diese Kategorisierung gemacht hätte, ich glaube, zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nie von dem Begriff Modern Quilting gehört. Ich bin begeistert von der unregelmäßigen Anordnung der Formen, von der unterschiedlichen Farbgebung der Umrahmung der Formen, der Unregelmäßigkeit der Formen selbst... Vermutlich hätte ich es nicht so gut hinbekommen, wenn ich das bewusst hätte herstellen wollen. Interessant finde ich auch, dass ich in der linken Reihe der Formen die eine habe, die eine Umrahmung in fast dem gleichen Farbton hat, wie ihn der Hintergrundstoff aufweist, aber es ist ein anderer Stoff (der Hintergrundstoff ist Popelin, die Umrahmung der Form aus Satin) und eine minimal andere Schattierung. Die Wirkung ist einfach gut. Und selbst wenn ich vermutlich heute das auch nicht mehr so machen würde - ich muss mich einfach mal selbst loben.

Metamorphosen XXII, Detail


Metamorphosen XXII, Detail

Das Einzige, was nicht 'modern' ist, ist das Handquilten. Aber auch das ist gut für diesen Quilt. Ich bin richtig happy über dieses Wiedersehen, und die Neubewertung meiner eigenen Leistung.

Und dann ist mir eingefallen, dass bei den Shapes ja auch ein Quilt dabei ist, der als 'modern' gelten könnte: Shapes 20. Der hat nur den kleinen Makel, dass die Linie der Quadrate nicht so ganz gerade geraten ist. Witzigerweise hat er ebenfalls einen Hintergrundstoff in genau diesem Grünton...
Aber es macht doch nachdenklich über die Klassifizierungen von modern - contemporary - abstract - art quilt, über die ich schon länger grübele. Denn bisher hatte ich mich nicht als 'modern' eingestuft.