Montag, 29. April 2013

Rückblick auf die Nadelwelt in Karlsruhe


Von Freitag bis Sonntag war ich auf der Nadelwelt in Karlsruhe. Drei Tage hintereinander habe ich Kurse unterrichtet, jeweils von 9.30 bis 17.30, mit einer Stunde Mittagspause: „Einfach, zweifach, dreifach – die Irische Kette“ am Freitag, „IQ – von der Inspiration zum Quilt (Extrakt)“ am Samstag und „IQ2 – der eigene Entwurf“ am Sonntag.

"Wiederholungstäterin" Susanne
(sie war im November als Teilnehmerin im Münstertal dabei)
kam mit vielen Ideen und hat einen Entwurf nach dem anderen
bearbeitet, um den Overhead-Projektor so richtig auszunützen.
Allerdings war dieses Mal die Organisation der Kursräume irgendwie unglücklich – ich musste jeden Tag nicht nur in einen anderen Kursraum umziehen, sondern auch noch zwischen den Gebäuden hin und her wechseln. Da ich meine Kisten mit Stoff dabei hatte, insgesamt 10 Stück, war das nicht gerade ein Vergnügen. Als ich am Sonntag beim Kistenschleppen entdeckte, dass ich in einen total abgelegenen und dunklen Kellerraum mit dreimal Treppe rauf und runter, kein Fahrstuhl, sollte, andere Kursräume im Erdgeschoss aber gar nicht belegt waren, habe ich dann kurz entschlossen selbst den Raumbelegungsplan geändert. Nachdem die Aufregung darüber bei mir abgeflaut war, wurde es dann auch noch ein schöner Kurstag.

 
Im dunklen und engen Kellerraum: die Eintagesversion von IQ

Hell und mehr Platz: der selbst eroberte Kursraum im Konzerthaus
für "IQ2 - der eigene Entwurf"

Da die Ausstellungen erst eine halbe Stunde nach Kursbeginn öffneten und ich nach Kursschluss mit dem Auf- oder Umräumen meiner Stoffkisten beschäftigt war, blieb mir leider nur sehr wenig Zeit, um die Ausstellungen anzuschauen, und auswählen musste ich außerdem. Aber ich hatte den Eindruck, dass die Ausstellungen dieses Jahr ein deutlich höheres Niveau aufwiesen als im letzten Jahr.
Pfiffig fand ich die Idee der Karlsruher Patchworkgruppe, zum 20-jährigen bestehen einen wirklich schönen und gelungenen früheren Gemeinschaftsquilt als Anregung zu nehmen – jedes Mitglied hat einen der im Gemeinschaftsquilt enthaltenen Blocks in einem kleinen Quilt neu interpretiert.

Der Gemeinschaftsquilt
der Karlsruher Patchworkgruppe
von 1994
Sehr gefallen hat mir auch Cecile Trentinis künstlerische Verwendung von Bernina Testnähstücken.



Jette Clover war als Stargast dort, und ihre Ausstellung war insgesamt sehr beeindruckend. Da war es jetzt sehr schwer, einen auszuwählen... Allerdings gefallen mir ihre Arbeiten mit weniger Text-Siebdrucken noch besser.

Jette Clover, Blue Color Field
Mein absoluter Favorit in der Halle war allerdings Grietje van der Veens „Good Morning Amsterdam“.


Schade fand ich, dass beim Aussteller- und Kursleiterempfang am Samstag verkündet wurde, dass aus einer Kombination verschiedener Gründe der Entschluss gefasst worden war, die Nadelwelt ab nächstem Jahr im Messegelände Karlsruhe stattfinden zu lassen. Wenn  diese Gründe einerseits überzeugend sein mögen, so wird sich dadurch andererseits aber die Atmosphäre dieser Veranstaltung deutlich ändern. Den Charme der Schwarzwaldhalle, einschließlich der Innenstadtnähe, wird das neue Arrangement nicht haben. Was nicht heißen soll, dass es schlechter sein wird...

Samstag, 27. April 2013

Was man beim Unterrichten alles lernen kann...


Ich unterrichte gerne, hatte ja ursprünglich sogar mal einen Lehramtsstudiengang absolviert. Warum ich mich dann gegen den Schuldienst entschieden habe, ist eine andere Geschichte, die nicht hierher gehört. Jedenfalls habe ich dann in meinem vorigen Leben eine ganze Weile Studierende verschiedener Fachrichtungen unterrichtet, und auch das Unterrichten von Patchworkkursen macht mir großen Spaß. Ich betrachte es sogar als eine Art Auftrag, meine Kenntnisse auf dem Gebiet an andere weiterzugeben. Es ist toll, zu sehen, wie im Laufe eines Kurses ‚die Groschen fallen’, oder auch über eine gewissen Zeit hinweg Entwicklungen stattfinden.
Am spannendsten ist letztendlich aber doch immer, was ich selbst bei jedem einzelnen Kurs lerne. Das können ganz unterschiedliche Dinge sein. Angefangen natürlich bei der sozialen Interaktionsfähigkeit - die unterschiedlichsten Menschentypen, auf die man emotional reagiert, und trotzdem sollen alle gleich nett und verständnisvoll behandelt werden...
Aber auch sonst noch so einiges für sich ganz persönlich. Im Anfängerkurs, den ich im Januar und Februar an der Volkshochschule Landshut unterrichtet habe, hatte ich gelernt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, von meinem Prinzip, den Leuten keine direkte Anleitung zu geben, sondern ihnen die Fähigkeiten beizubringen, mit denen sie einen eigen Plan zu entwickeln, abzuweichen. Konkret heißt das, dass ich auch im Anfängerkurs eigentlich am liebsten nur Techniken beibringe – z.B. Four- bzw. Nine Patch, schnelle Dreiecke, Streifentechnik – aber ihnen keine Größenvorgaben mache, und dann auch nicht sage: „Und daraus macht Ihr dann ein Kissen/Tischset/was auch immer.“ Zu  Ende des Kurses wurde mir aber von einigen Teilnehmerinnen zu verstehen gegeben, dass sie sich so etwas doch gewünscht hätten. Bei meinem Kurs zu Hause stand diesmal „Seminole-Technik“ auf dem Programm, und nach der Erfahrung aus dem Anfängerkurs dachte ich mir, dass es vielleicht für die Teilnehmerinnen auch nicht zufriedenstellend wäre, nur die verschiedenen Seminole-Muster als Musterstücke zu haben, die entstanden, als die verschiedenen schräg oder gerade abgeschnittenen Streifenfolgen ausprobiert wurden.
Also dachte ich, ich müsste ihnen vielleicht doch auch noch irgendetwas anderes bieten, damit dort nicht eine ähnliche Unzufriedenheit aufkäme wie in Landshut. Im Eine-Welt-Laden hatte ich neulich ein Ledertäschchen gekauft, von dem ich glaubte, dass man es als eine Art Vorlage nehmen könnte. 

Ledertäaschchen aus dem Eine-Welt-Laden

Ich habe den Schnitt abgeschaut, mir die Tasche genau von innen angesehen, die Ausgestaltung ein wenig verändert, indem ich ein Innenfutter eingefügt habe, und sie anschließend aus den Seminole-Mustern nachgenäht. Wie sehr ich damit über meinen eigenen Schatten gesprungen bin, merkte ich, während ich damit beschäftigt war. Ich habe es einfach überhaupt nicht mit Patchworktäschchen, und jede neu einzufüllende Waschmaschinenladung war spannender, als auszutüfteln, wie ich den Reißverschluss einnähen könnte oder müsste, damit es nicht zu schwierig wird.
Aber ich habe es hingekriegt, das Ding sieht sogar ganz nett aus.
Als ich es den Teilnehmerinnen präsentierte, waren die allerdings gut erstaunt – sie hätten nicht gedacht, dass ich ihnen ein Täschchen zum Nachnähen präsentieren würde. Und die  meisten hätten das auch gar nicht gebraucht. Christine hatte sowieso bereits eine große Decke aus den verschiedenen Teilen genäht, in die sie auch gleich noch einige Afghanistan-Quadrate eingebaut hatte, wunderbar gelungen Helga, die mit diesem Kurs erst angefangen hatte, hatte sich hingesetzt und eine sehr geschmackvolle Tasche für ihre Schneidematte genäht. (Und von beiden habe ich kein Foto gemacht). Die anderen hätten auch einfach noch ein paar weitere Muster ausprobiert, sich dann etwas ausgedacht, und wären glücklich gewesen. Das Täschchen genäht haben dann aber doch alle ganz brav.

Links meins, rechts das fertige Täschchen von Sabine
Was habe ich daraus gelernt? Jeder Kurs hat seinen eigenen Charakter – was für die  einen gut wäre, muss bei den anderen nicht unbedingt nötig sein. Diese Gruppe, die schon ein bisschen länger ‚bei mir’ in die Lehre gegangen ist, hatte es schon kapiert, dass ich sie zwar angeleitet, aber doch auf eigene Wege schicken möchte. 
Und noch etwas habe ich daraus gelernt: sich selbst treu bleiben. Täschchen nähen ist eben nicht meins, dann brauche ich es auch nicht zu unterrichten. Es gibt sicherlich genügend andere, die daran Freude finden.

Donnerstag, 25. April 2013

Hab' mein Wage vollgelade...

Heute früh ging es mit vollbepacktem Auto


in die Stadt meiner Kindheit.



Die ich aber, weil wir eher außerhalb gewohnt haben und ich direkt nach dem Schulabschluss in eine andere Stadt zum Studieren gezogen bin, eigentlich nur so halb kenne.
Immer lebhaft in Erinnerung allerdings das Schloß Hotel direkt gegenüber vom Bahnhof, an dem ich vorhin auf dem Weg zum Treffen mit Hilde van Schaardenberg, Grietje van der Veen und Corinne Zambeek-van Hasselt vorbeigegangen bin:


Als wir damals nach Karlsruhe umzogen, haben wir, weil wir noch auf die Umzugswagen warten mussten, die von Berlin durch die DDR kamen und deshalb langsamer waren als wir, die erste Nacht in Karlsruhe in diesem Hotel verbracht. Ich war vier. Und ich hatte praktischerweise gerade zum Umzug eine Magen-Darm-Infektion aufgesammelt. Die ganze Nacht gebrochen - und dann morgens noch einmal, als ich gerade oben am Treppenende stand, so richtig die ganze Treppe hinab... Das sind Erinnerungen, die bleiben, lebenslang!
Ich gehe aber davon aus, dass die drei Tage Unterrichten auf der Nadelwelt ganz anders verlaufen werden als diese frühkindlichen Erlebnisse.

Samstag, 20. April 2013

Von York über Newcastle und wieder nach Hause


Nach dem Besuch im Quiltmuseum in York habe ich nachmittags an einem kostenlosen Stadtspaziergang teilgenommen – den ich anschließend teuer bezahlt habe. Da es mehr ein Stadtspazierstand war, und das bei doch immer noch ziemlich kühlen Temperaturen, habe ich mich bei dieser Gelegenheit heftig erkältet. Über die nächsten paar Tage habe ich das Ganze erstmal gründlich ausgebrütet, und richtig ausgebrochen ist es dann, als ich wieder zu Hause war.

Auf der Stadtmauer von York war es kalt...
Von York aus ging es mit dem National Express Bus nach Newcastle, wo ich mehrere Tage bei Liz Villalobos zu Gast war, die mich als Vertreterin der Region 15E der britischen Gilde eingeladen hatte.
Am Freitag hatte sich die Textilkunstgruppe „it happens“ angeboten, mit mir einen Ausflug zu machen. Eigentlich wollten wir ganz viel nordenglische Landschaft sehen, dann die derzeit laufende Ausstellung der Gruppe in einer zum Museum umgewandelten Bleimine besuchen und anschließend in einem kleinen ehemaligen Bahnhof, der zum Café umgewandelt worden war, einkehren. Das nordenglische Wetter hatte die nordenglische Landschaft allerdings so verschluckt, dass es dann ‚nur’ die Ausstellung und das Café wurden.
Die wunderschöne und angeblich sehenswerte
nordenglische Landschaft...
The Garden Station in Langley,
ein ehemaliger Bahnhof, nun Café
„It happens“ hatten sich das Thema „heavy metal“ vorgenommen und eine interessante Mischung verschiedener Interpretationen zusammengestellt, die sich gerade im Kontext dieses Museums hervorragend machte. Der Leiter des Museums, der sich kurz zu uns gesellte, äußerte seine Begeisterung über die zahlreichen positiven Kommentare, die er bereits in der ersten Woche der Ausstellung über die gelungene Kombination der Textilarbeiten mit dem Kontext der Bleimine erhalten hatte.

Blick in die Ausstellung von "it happens"

Ehemalige Bleimine, heute Museum

Sammelunterkunft der Arbeiter,
die Betten sind mit echten alten Quilts aus der Gegend bestückt

Samstag und Sonntag standen dann im Zeichen der zwei Kurse. Sowohl „IQ“ in Eintagesversion als auch der Parkettkurs in Eintagesversion fanden in sehr angenehmer Atmosphäre statt.

Parkettergebnisse nach einem Tag


Gruppenphoto mit einem zusammengenähten Stück IQ

Bei beiden Kursen bin ich zwar nach wie vor der Meinung, dass sie als Zweitageskurse besser geeignet sind, aber es war ein lehrreiches Unterfangen, diese Eintagesexperimente in England durchzuführen. Die Konzentration auf diese kurze Zeit hat nochmal verdeutlicht, an welchen Stellen der Kurse besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Und am Montag ging es dann per Zug nach Manchester, Flug via Amsterdam nach München wieder nach Hause zurück. Der Aufenthalt in Amsterdam gestaltete sich aufgrund ‚technischer Schwierigkeiten’ der Anschlussmaschine deutlich länger als geplant, und dementsprechend später kroch ich dann leicht angeschlagen, mittlerweile wirklich ziemlich heftig erkältet, aus der Maschine, wo ich von meiner Familie erwartet wurde. Es ist doch schön, nach einer Reise von den Lieben abgeholt zu werden, da kommt man auch nach der schönsten Reise wirklich gerne wieder nach Hause.
Insgesamt kann ich sagen, dass es rundum gelungene zwölf Tage waren. Ich glaube, in Großbritannien wird grundlegende Freundlichkeit im Umgang untereinander, auch mit Unbekannten, wesentlich höher wertgeschätzt als vielerorts in Deutschland. Jedenfalls habe ich mich insgesamt immer ganz besonders zuvorkommend behandelt gefühlt - auch wenn es sich nicht um einen Quilterkreis gehandelt hat! - habe viele nette und interessierte Leute kennengelernt, bin von allen freundlich empfangen, familiär untergebracht und teilweise königlich bewirtet worden. Margaret Ramsay, die in Nottingham im IQ-Kurs war, hat auf ihrem Blog ein wenig über den Kurs berichtet, Gillian Travis hat mich wie bereits gezeigt, ebenfalls erwähnt, und wer genau hinschaut, kann mich auf dem Foto bei Linda Kemshall finden (ca. Mitte des Bildes).

Freitag, 19. April 2013

Von Nottingham über Yorkshire nach York


Zwischen der Jahreshauptversammlung der Britischen Gilde in Nottingham und meiner weiteren Unterrichts-Station im Norden hatte ich ein paar Tage Zeit zu überbrücken, bevor es dann weiter nach York ging, worüber ich schon berichtet habe. Über die Yahoo-Gruppe der Contemporary Group der Britischen Gilde hatte ich Kontakt zu Gillian Travis bekommen (hier kann mann ihren Blog lesen), die mich freundlicherweise eingeladen hatte, zwei Tage bei ihr und ihrer Familie zu übernachten. Sie wohnt in der Nähe von Halifax, in einem umgebauten Fabrikgebäude. Der Großteil des Gebäudes wird von der Firma ihres Mannes – Molkereizubehör – genutzt. Das folgende Bild ist zwar schon einmal auf dem Blog erschienen, aber jetzt weiß man dann, wo es herstammt.

Milchdeckel für die immer noch vor der Haustür gelieferten
Milchflaschen, hergestellt in Mike Travis' Firma

Gillian hat ihr Studio und Unterrichtsraum ebenerdig, und die Familie wohnt im oberen Geschoss.
Ohne dass wir uns vorher besser gekannt hatten, konnten wir die zwei Tage einen äußerst intensiven Austausch auf derselben Wellenlänge pflegen. Sie hat sogar auf ihrem Blog darüber berichtet, und es könnte sein, dass aufgrund dieses Berichtes mein Bild in der Öffentlichkeit gefährdet wird. (Zur Erläuterung: diese Bier-probe im Pub diente lediglich dazu, dass ich ausprobieren sollte, von welchem Ale ich denn nun ein kleines Glas trinken wollte - die Reste hat dann Gillians Mann erledigt...) Trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es nicht das letzte Mal war, dass wir uns begegnet sind.
Per Bus bin ich am Dienstag nach Hebden Bridge gefahren, von dort über einen äußerst steilen Fußweg nach Heptonstall gelangt. Heptonstall ist einer der insgesamt drei Orte in England, wo sich ein aufgegebenes und ein neues Kirchengebäude auf demselben Grundstück finden. Auf dem dortigen Neuen Friedhof liegt Sylvia Plath begraben. Über deren Lyrik ich, obwohl ich einmal Anglistik studiert habe, leider viel zu wenig weiß...




Alte Kirche in Heptonstall
Grabstelle von Sylvia Plath
Zurück unten im Tal in Hebden Bridge habe ich mir nicht nur „tea with scones and clotted cream“ sondern auch ein bisschen shopping experience gegönnt. Und was habe ich gekauft? Wolle und Knöpfe, sehr originell.
Am Mittwoch hatte ich die Gelegenheit, an einem von Gillians „Printing Days“ teilzunehmen und einiges von dem auszuprobieren, was sie mit Acrylfarben auf Stoff anstellt. 

Gillian Travis in Aktion
Mit Acrylfarben bedruckt, nach dem Nähen!

Eine faszinierende Alternative zu verdickten Procion-Farben, wie ich es vor etlichen Jahren im Kurs bei Ann Johnston kennengelernt hatte und seitdem immer wiederaufnehmen möchte. Und jedenfalls ein deutlicher Motivations-Push, dieses Vorhaben endlich – wenn ich nach meiner Rückkehr nach Hause endlich wieder in die Gänge gekommen bin – in Angriff zu nehmen.
Und vom westlichen Yorkshire aus ging es per Zug nach York, wo ich dann endlich das Quiltmuseum besuchen konnte. Morgen noch mehr über den restlichen Verlauf der Reise.

Donnerstag, 18. April 2013

Work-Live-Balance...?

Auf meinem heutigen Weg zu den Kröten sah ich auch diese Ente, die zumindest zeitweise die perfekte Work-Life-Balance gefunden zu haben schien...


Mittwoch, 17. April 2013

Quiltmuseum in York, England

Einer der Höhepunkte meiner Quilt-Reise durch den Norden Englands, auf den ich mich schon seit den Anfängen der Planungen gefreut hatte, war der Besuch des Quiltmuseums in York.
Die britische Gilde hat über Jahre durch Geld- und Materialsammlungen darauf hingearbeitet, ein Museum zu gründen, das ausschließlich dem Thema Quilts gewidmet ist.  Wenn man nach York kommt, kann man schon im Informationsprospekt der Stadt eine Anzeige finden, und mein Landlord im B&B konnte mir auch gleich den Fußweg beschreiben. (Mit Hilfe von Google Maps hatte ich beim Buchen extra darauf geachtet, dass das Museum zu Fuß erreichbar wäre. Es gibt allerdings auch noch ein paar andere Möglichkeiten in derselben Straße zwischen dem B&B, in dem ich war, und dem Museum.)
Die Sammlung zahlreicher antiker und zeitgenössischer Quilts ist in St. Anthony’s Hall in York untergebracht.
Blick in den großen Saal des Museums,
das Bild stamm von der Homepage der britischen Gilde
Die Ausstellungen werden regelmäßig gewechselt, wegen der Fragilität der Textilien ist eine Dauerpräsentation der Quilts nicht möglich. Da an den Tagen zwischen den Ausstellungen kein Besuch des Museums möglich ist, sollte man sich vorher auf jeden Fall erkundigen, ob an einem geplanten Besuchstag auch wirklich geöffnet ist! Die Webseite mit der Übersicht über dieAusstellungen listet alle Informationen. 
Während ich da war, konnte ich drei unterschiedliche Ausstellungen sehen. Im großen Saal war „Town and Country“ zu sehen, eine Auswahl der antiken Quilts, die eine Gegenüberstellung der Quiltstile in unterschiedlichen sozialen Verhältnissen ermöglichte. Quilts aus bürgerlichen oder gar herrschaftlichen Häusern wurden oft aus luxuriösen Stoffen gefertigt und weisen teilweise extrem komplizierte Muster auf, Zeichen dafür, dass die nähenden Frauen viel Zeit hatten. Außerdem dienten sie oft dazu, den Wohlstand der Familie anzuzeigen.
Quilts aus ärmeren Verhältnissen hatten eine ganz andere Funktion, nämlich die rein praktische Funktion der warmen Decke, die in nur durch kleine Feuerstellen oder Öfen geheizten Häusern eine ganz andere Bedeutiung hatte, als wir uns das heutzutage noch vorstellen können.
Im Nebenraum war „Signatures V“ zu sehen, eine Ausstellung der Gruppe zero3 textile artists, die seit einigen Jahren zusammen ausstellt. Und im kleinsten Raum schließlich gab es eine Auswahl aus Quilts aus den 1990er-Jahren, die sich in der Sammlung der Britischen Gilde finden.
Liz Whitehouse, die Geschäftsführerin der Britischen Gilde berichtete, dass es immer wieder vorkommt, dass Leute in das Museum kommen, und enttäuscht sind, „Oh, but this is so small!“ Ehrlich gesagt, kann ich das nicht verstehen. Die Räumlichkeiten sind beeindruckend, die Dokumentation ist ausführlich und zeigt, dass die Kuratorin, intensive Forschung betreibt, um den geschichtlichen Hintergrund der einzelnen Stücke aufzudecken, und wenn man dann die Anzahl der ausgestellten Quilts durchzählt, sind es gar nicht so wenige. Es kann natürlich gut sein, dass manche Besucher mit Erwartungen kommen, die vom Festival of Quilts geprägt sind in Bezug auf die Anzahl der ausgestellten Stücke, und das kann dieses Museum natürlich nicht leisten.
Schon während der Jahreshauptversammlung in Nottingham war ausführlich darüber berichtet worden, dass das Museum finanzielle Hilfe braucht, weil die Besucherzahlen aufgrund der wirtschaftlichen Rezession in  Großbritannien im vergangenen Jahr deutlich geringer ausgefallen waren, als für den Erhalt des Museum notwendig ist. Eine mögliche Form der Unterstützung wäre, Mitglied der britischen  Gilde zu werden, weil die Mitgliedsbeiträge eines der wichtigsten Fundamente der Arbeit der britischen Gilde sind, die Trägerin des Museum ist. Mitgliedschaft in der Gilde bringt einem auch die vierteljährliche Mitgliederzeitschrift, die über die Aktivitäten der britischen Gilde informiert, ermäßigten Eintritt in das Museum und einen 10%Rabatt beim Einkauf im Shop des Museums (und das gilt auch für Online Einkäufe.) Außerdem ist es möglich, über die Webseite der Britischen Gilde ein Förderer des Museums (Friends of the Museum) zu werden.
Zur Zeit läuft aber auch ein besonderer Spendenaufruf zur Einrichtung einer Stiftung, worüber man sich hier informieren kann. Wenn man nach York kommt, sollte man auf jeden Fall hingehen! Und jede noch so kleine Spende ist natürlich ebenfalls willkommen. Da ich zur Zeit leider keine Dauer-Unterstützerin werden kann, habe ich ein Zehntel des Geldes, das ich durch meine Kurse in England verdient habe, für das Museum gespendet. Ich hoffe sehr, dass es der Quiltwelt weiter erhalten bleibt!

Mittwoch, 10. April 2013

Jahrestreffen der englischen Gilde in Nottingham, Teil 2


Der gesamte Samstagvormittag war der Jahresversammlung der Quilter’s Guild of the British Isles vorbehalten. Die Verkaufsstände waren geschlossen, keine Kurse fanden statt, und das Auditorium war gut gefüllt. Ich schätze, dass von den 420 Teilnehmerinnen am Wochenende sicher auch der allergrößte Teil bei dieser Versammlung anwesend war. Ein ganz anderes Verhältnis als die ca. einhundert, die bei den Versammlungen der deutschen Gilde auftauchen. Woran das wohl liegen mag? Einerseits vielleicht an der Unterbringung – wenn alle Teilnehmerinnen in während der Semesterferien leerstehenden Wohnheimen auf einem Uni-Campus eher am Rande der Stadt untergebracht sind, bietet sich gar nicht viel Abwechslung.
 (Das hat zwar auch Auswirkungen auf die Qualität des Essens, das alle gemeinsam in der Mensa eingenommen haben, aber das ist eine andere Geschichte.

Mensa-Feeling, nicht nur beim Ausfall des Spülsystems...)
Andererseits war der Ablauf der Versammlung weniger formalisiert als das deutsche Vereinsrecht erlauben würde, und irgendwie hat es Spaß gemacht, dazusitzen und den Berichten und Tagesordnungspunkten zuzuhören. Auch wenn diese nicht immer spaßig waren, wie z.B. die Situation, die das Quilt Museum in York betrifft. Dazu werde ich noch mehr schreiben, wenn ich tatsächlich ab Mittwoch in York sein und das Museum besuchen werde.
Nachmittags habe ich den Vortrag von Gillian Clarke, einer ehemaligen Historikerian gehört, die die Illustrationen aus mittelalterlichen Büchern – und andere mittelalterliche Vorlagen wie geschnitzte Figuren aus Chorgestühl – als Designgrundlage für ihre Quilts verwendet. So hat sie z.B. einen Jahres-Quilt über die in den jeweiligen Monaten anfallenden Arbeiten gemacht, “Die Arbeit eines Monats”:

Gillian Clarke, "Labors of the month", Detail

Auf den Kommentar einer Freundin hin, “Gillian, das sind ja nur Männer!”, hat sie dann auch noch einen mit den „Arbeiten einer Frau“ gemacht.

Gillian Clarke, "A Woman's Work", Detail

Geschnitzte Drachenfiguren waren neben Knotenvorlagen eine Musterinspiration für einen Wholecloth-Quilt, ganz in weiß, mit roter Rückseite und rotem Quiltfaden. Allerdings ist diesem Quilt ein Unglück widerfahren, als er bei einer Ausstellung unter einem Leck im Dach hing. 

Gillian Clarke - Wholecloth in white and red, Detail

Die Stoffe waren gewaschen, aber der Quiltfaden war offensichtlich nicht farbecht. Gillian hat allerdings nichts unternommen, aus Angst, es könnte nur noch schlimmer werden. Stattdessen meint sie, das wäre jetzt eben Teil dieses Quilts. “Es ist doch eine gute Geschichte,” meinte sie.

Dienstag, 9. April 2013

Beim Jahrestreffen der englischen Gilde in Nottingham


Die Tage beim AGM (Annual General Meeting, also der Jahreshauptversammlung) der Britischen Gilde in Nottingham waren vollgepackt und viel zu schnell vorbei.
Ich hatte das Glück, dass mein Kurs gleich am ersten Tag stattfand, und ich danach dann völlig entspannt die besonders nette Atmosphäre genießen konnte. Anders als bei der Parallelveranstaltung in Deutschland ist das Jahrestreffen bei QGBI nur für Mitglieder, es ist also deutlich kleiner angelegt. Diese ‚privatere’ Ausrichtung macht sich aber auch bemerkbar. Die Teilnehmerinnen kennen sich besser, viele kommen wirklich jedes Jahr und nutzen die Gelegenheit, andere Mitglieder aus weit entfernt liegenden Landesteilen zu treffen, und insgesamt herrscht eine warmherzige, sehr freundliche und auch für Neulinge offene Atmosphäre.
Angefangen wird mit einer zentralen Eröffnungsveranstaltung, bei der – in Nottingham natürlich selbstverständlich! – wir von Robin Hood und seiner Lady Marian begrüßt wurden.



Anschließend habe ich mich in meinen Kursraum aufgemacht. Beim Frühstück hatte mir die für die Raumeinteilung zuständige Gilli noch gesagt, dass sie sich in letzter Minute entschlossen hatte, mir einen größeren Raum zuzuteilen, wofür ich ihr immer noch dankbar bin. Es war nämlich auch so noch ziemlich eng...


Der Kurs war eine auf einen Tag abgespeckte Version des „IQ – von der Inspiration zum Quilt“. Das war ein gewagtes Experiment, denn der Kurs ist ja ein dichter, intensiver Kurs, und ich war etwas nervös deswegen. Es hat allerdings alles gut geklappt, die Gruppe war, glaube ich, zufrieden. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass sie doch deutlich mehr Zeit bekommen hätten, auch an ihren eigenen mitgebrachten inspirativen Bildern zu arbeiten, um anhand des eigenen Entwurfes zu merken, welche Relevanz die verschiedenen Schritte der Entwicklung und Herstellung der Papierschablonen haben. Aber dazu bleibt bei einem Tag wirklich nicht genug Zeit.
Obwohl ich abends völlig k.o. war, habe ich mich entschlossen, zum Vortrag von Anja Townrow “From Tulips to Triangles” zu gehen. Anja ist geborene Holländerin, die seit vielen Jahren in England lebt, und der Vortrag bot eine Übersicht über ihre Entwicklung als Quilterin, von ersten Quadraten und Tulpenblöcken zu einer ausgefeilten Technik mit Freezing Paper. Anja verbindet exquisite Kurven mit Foundation Piecing und Appliqué. Sie hat in ihrer Laufbahn bereits einige Preise gewonnen, und die technische Perfektion, mit der sie arbeitet, ist bewundernswert.

Anja Townrow, Detail

Montag, 8. April 2013

Sonderauflage


Am Karfreitag habe ich voller Überraschung festgestellt, dass ich nach der Ausstellung in Ste. Marie-aux-Mines (immerhin inzwischen ein halbes Jahr her...) vergessen hatte, mir neue Visitenkarten zu besorgen. Mit den paar, die noch übrig sind, brauchte ich nicht nach England zu reisen.
Das war natürlich relativ spät – weniger als eine Woche vor dem Abflug, und am Karfreitag, vor dem Osterwochende... Keine Frage, beim Drucker brauchte ich nicht mehr nachzufragen, das würde nichts mehr werden. Einen Farbdrucker besitze ich nicht. Zwar habe ich noch ausreichend Postkarten, die für das Stoff-Abo werben, aber die sind ja alle auf Deutsch.


Was tun? Wieviele Karten würde ich überhaupt brauchen? Und wer weiß, wieviele Karten ich noch brauchen werde mit der aktuellen Adresse?
Kurzerhand entschloss ich mich, trotz Nichtbesitz eines Farbdruckers selbst ein paar herzustellen. Ich habe also Karten in schwarzweiß auf festerem Papier gedruckt und sie mit Schneidemaschine auseinandergeschnitten.



Dann fanden sich ein paar schmalere Streifen Schnee-Stoff, der in kleine Teile geschnitten wurde, die ich auf die Rückseiten der Karten aufnähen wollte.


Der erste Gedanke mit bisschen elaborierteren Freihand-quilt-versuchen führte zu keinem überzeugenden Ergebnis, und dieser Prototyp verschwand mitsamt der Idee des Freihandquiltens ganz schnell in der Versenkung.


Also ganz profan: großer Zickzack-Stich, von einer Seite der Karte auf die andere.


Und fertig. Es gibt vier verschiedene Typen, je nach auf der Rückseite angenähtem Stoff. Eine echte Sonderauflage. Was sich halt so am Ostersonntag herstellen lässt. Spart Geld. Aber nicht Zeit. Aber sie haben eindeutig dazu beigetragen, die Vorfreude auf England noch weiter zu steigern!

Donnerstag, 4. April 2013

Ab nach England...

Heute fliege ich nach England, um am Jahrestreffen der englischen Gilde QGBI teilzunehmen, dem AGM in Nottingham. Dort werde ich eine abgespeckte Eintages-Version des "IQ" Kurses unterrichten.
Ich fliege zuerst nach Manchester, fahre dann mit dem Zug weiter nach Nottingham.
Nach dem Wochenende werde ich mich über Halifax und York nach Newcastle-upon-Tyne weiterhangeln, wo ich dann nochmal zwei Kurse unterrichten werde. Und dann wieder mit dem Zug zurück nach Manchester, von dort geht es dann zurück nach Hause.


Ich bin schon sehr gespannt. Die große Frage ist jetzt noch, ob ich Schneestiefel mitnehmen sollte, oder...?