Sonntag, 22. April 2018

Vorbereitungen: Künstlersymposium


Nach meiner Rückkehr aus Frankreich musste ich im Anschluss gleich an zwei Tagen unterrichten. Die konnte ich allerdings auch gut dafür nutzen, meine Vorbereitungen für das bevorstehende große Ereignis im Mai zu intensivieren.
Das große Ereignis ist die Teilnahme am Künstlersymposium während des Kultursommerfestivals ‚Mitanand‘ (=Baierisch für ‚miteinander‘), d.h. eigentlich in der Woche vor dem Festival. Dieses Jahr werden Textilkünstler eingeladen, und das liegt an einer Bemerkung, die ich beim vorigen Durchgang (das Symposium findet alle zwei Jahre statt) dem Organisator gegenüber etwas flapsig fallen ließ ‚Dann könnten nächstes Mal doch eigentlich die textilen Künstler dran sein!‘ 
Das hat er tatsächlich ernst genommen, und ich habe es sogar einen Tag vor Ablauf der Bewerbungsfrist geschafft, meine Unterlagen einzureichen. Das war am Abend bevor ich auf die h&h gefahren bin, währender derer ich nicht wirklich dazu gekommen bin, meine Mails durchzulesen, und als ich am Montag nach Hause kam und die Mail von Hubert entdeckte ‚bitte nochmal schicken, kann Deinen Anhang nicht öffnen!‘ sah ich schon alle meine Felle davon schwimmen. Denn dass gleich an dem Wochenende ausgewählt werden sollte, das wusste ich. Also befürchtete ich, durch das Raster gefallen zu sein.
Aber seine computerkundige Frau hatte mein Dokument doch öffnen können, am Dienstag früh hatte ich die Nachricht, dass ich ausgewählt worden sei, und seitdem bin ich dabei, gedanklich und organisatorisch mein Projekt, das ich in einer kurzen Skizze in der Bewerbung angedeutet hatte, vorzubereiten.
Passend zu meiner intensiven Beschäftigung mit Flüchtlingen und deren Lebensumständen wird es ein Projekt sein, dass sich mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auseinandersetzt, und dafür sammle ich derzeit verschiedene handschriftliche Versionen einiger der Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Auf dieser Seite gibt es Übersetzungen der Erklärung in andere Sprachen. Der Quilt wird also ein weiterer in der Serie text messages sein.
Einige meiner Schüler/innen haben sich sofort bereit erklärt, mitzumachen, und die Vielzahl der unterschiedlichen Schriften und Sprachen (jede Person schreibt den entsprechenden Text in ihrer eigenen Sprache) ist beeindruckend. 

Hier entsteht eine Thai-Handschrift für meinen Symposiums-Quilt.
Im Hintergrund die Hände, die auf Fula geschrieben haben.

Selbstverständlich sind nicht nur Flüchtlinge beteiligt, es geht mir darum, auch die Vielfalt der in unserer Stadt lebenden Menschen zu dokumentieren, unabhängig vom Status Flüchtling oder EU-Bürger oder wo auch immer sie herkommen.
Mittlerweile habe ich fast alle Versionen zusammen und kann anfangen, die Texte zu vergrößern. Ich habe eine besonders große Rolle wasserlösliches Vlies bestellt, mit dessen Hilfe das Maschinensticken auf dem Stoff stabilisiert wird. Und ich habe bereits angefangen, einige der für mich zentralen Formulierungen der Präambel auf den Stoff zu bringen. 


Sie sollen in einer Art Hintergrundrauschen den Tenor der ganzen Erklärung, der in der Präambel schon enthalten ist, ausdrücken. Und wenn man immer wieder mit der Maschine 'recognition of the inherent dignity and equal and inalienable rights of all the members of the human family' schreibt, oder 'freedom of speech and belief and freedom from fear and want', dann entwickelt man nochmal eine ganz besondere Beziehung zu den Worten des Textes. (Die Präambel-Formulierungen verwende ich auf Englisch, weil mir gerade diese zentralen Formulierungen auf Englisch besonders gut gefallen.) Es ist wirklich ein wunderbarer Text.
Alle, die ich gebeten habe, mitzumachen, staunen darüber, warum sie selbst sich noch nicht intensiver mit dem Text auseinandergesetzt haben. Vielleicht ist das eines der Probleme der heutigen Welt - wir haben diese wunderbare Vereinbarung, und kaum einer kennt sie richtig...?

Eigentlich ganz gut, dass ich in der kommenden Woche nicht unterrichten muss, weil die Klasse im Praktikum ist. Ich befürchte nämlich, dass die eine Woche, die wir in der Öffentlichkeit arbeiten sollen, vielleicht nicht reichen wird, und deshalb möchte ich deutlich vorgearbeitet haben, wenn wir anfangen. Damit es wenigstens annähernd fertig wird.

Samstag, 14. April 2018

Kurse auf der Nadelwelt Karlsruhe - freie Plätze

Vom 4. bis 6. Mai findet in Karlsruhe erneut die Nadelwelt statt, wo ich dieses Mal für Kurse im Programm stehe. Von den Organisatoren bin ich darüber informiert worden, dass es noch einige freie Plätze gibt.

Die Kurse, die ich unterrichte, sind ein 1-Tages-Kurs und ein 2-Tages-Kurs.
"texting" ist ein neuer Kurs, der hier erstmals stattfindet. Hier üben wir die Techniken, mit denen ich die Textelemente auf die Stoffe bringe, die in der Serie 'text messages' verwendet werden.


Der 2-Tages-Kurs ist der Kurs IQ, der die Grundlage der Quilts in der Serie 'Linienspiele' vermittelt, und der hier letztmals stattfinden wird.

 Hier ist der Link zum Programm. Anmelden kann man sich noch bis zum 20. April.

Freitag, 13. April 2018

Biennale International d'Art Textile in Frankreich


Seit Montag früh bin ich wieder unterwegs. Eigentlich wollte ich mit dem Zug nach Villefranche-sur-Saone fahren, um dort mit einer Ausstellung bei der Biennale Internationale d’Art Textile vertreten zu sein. Aber ich hatte das Kaufen der Zugfahrkarte aus einem merkwürdigen Bauchgefühl heraus noch verzögert. Und als ich dann endlich beim Bahnhof war, hat die Dame am Schalter sich geweigert, mir eine Fahrkarte zu verkaufen - angesagte Streiks in Frankreich, gepaart mit Ver.di-Streiks in Deutschland. Einerseits bin ich froh, dass ich die Fahrkarte nicht gekauft hatte, also nun nicht ersetzt bekommen würde, andererseits fand ich es auch nicht so prickelnd, die 900 km mit dem Auto zu fahren. Ich hatte mich auf eine geruhsame Zugfahrt gefreut und eingestellt, wollte auf der Fahrt einiges am Computer arbeiten, stattdessen musste ich Auto fahren. Aber so habe ich wenigstens eine Gelegenheit gehabt, seit langer Zeit mal wieder bei meiner besten Freundin in der Nähe von Basel vorbeizuschauen, wo ich die Reise unterbrochen habe.
Am Dienstag dann Weiterfahrt nach Villefranche-Sur-Saone, routiniert-schneller Aufbau der Ausstellung mit erfreulich positiver Selbst-Überraschung, als ich die text messages Quilts fast vollzählig versammelt gesehen habe. 


Es fehlen lediglich drei, die allesamt in anderen Ausstellungen unterwegs sind, und es ist inzwischen eine erfreulich umfangreiche Serie geworden.
Ich habe sie ganz bewusst so gehängt, dass die ‚politischen‘ in einer Sektion meiner Ausstellungs-Abteilung hängen, die anderen daneben in der zweiten Abteilung, und gegenüber. Eine Besucherin sagte am ersten Tag „you have a lot to say!“, und auch sonst gibt es viel Zuspruch. 





Ich übernachte mit einigen Engländern zusammen in einer Ferienwohnung außerhalb der Stadt, was eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Hotel ist, in dem ich vor zwei Jahren untergebracht war.


Es sind aber vier lange Tage - die Halle könnte ruhig etwas weniger lang geöffnet sein, und ob vier Tage wirklich nötig sind… Der erste Tag war m.E. jedenfalls ein bisschen zu ruhig. Aber es ist schön, viele nette Leute wieder zu sehen, und sicherlich führt es auch dazu, ein paar neue Leute kennenzulernen.

Sonntag, 8. April 2018

"The 70,273 Project" in Dachau

Am vergangenen Donnerstag habe ich mich auf den Weg gemacht und bin nach Dachau gefahren. Die dortige Quiltgruppe im arttextil e.V. hatte mit mehreren Mit-Näh-Aktionen über 200 Blöcke für das Erinnerungsprojekt von Jeanne Hewell-Chamber gesammelt und zusammengenäht.


Gequiltet wurden sie von Renate Poignee, Heike Rosenbaum und mir, und jetzt wurden sie der Öffentlichkeit vorgestellt.


Diese 7 Quilts sind ganz bewusst im Gedenken an die Menschen gemacht worden, die in den Jahren des T4-Programms der Nationalsozialisten aus dem Franziskuswerk Schönbrunn herausgenommen und ermordet wurden. Die Zahl 207, mit der die Quiltgruppe ursprünglich gearbeitet hat, bezieht sich auf die Menschen, die in den 20 Monaten des 'offiziellen' Euthanasieprogramms zum Tode verurteilt wurden, allerdings ging das Ganze auch danach noch weiter, und die anwesende Schwester sprach von insgesamt über 500 Menschen, die sie verloren haben.
In den nächsten Wochen können die fertigen Quilts im Kursraum von arttextil in Dachau angesehen werden, sie werden dort über mehrere Wochen hängen.




Es war interessant, von den Mitgliedern der Gruppe zu hören, wie sehr das Mitmachen an dieser Erinnerungs-Aktion die Leute bewegt hat. Das ging mir ja ähnlich, wenn ich die Blöcke am Stand habe nähen lassen, es ist da noch einiges in Deutschland vorhanden, das bisher nicht ausreichend angesprochen wurde.