Freitag, 25. März 2011

UFOs und ihre Fertigstellung

Hand auf’s Herz: wieviele UFOs haben Sie im Schrank oder Regal liegen?

Ich meine nicht irgendwelche Workshop-Leichen, die im zeitlich begrenzten Rahmen eines Workshops angefangen wurden, wenn man mit einer neuen Technik konfrontiert ist, und aufgrund dieser doppelten Stressfaktoren nicht ausreichend Zeit hat, eine wirklich ausgewogene Komposition zu entwickeln oder sich entwickeln zu lassen. Von diesen Workshop-Leichen ist ja meist ziemlich schnell klar, dass sie nicht wirklich zur Fertigstellung geeignet sind. 
Ein solches Exemplar habe ich einmal zur Verfügung gestellt, als meine damalige Quiltgruppe ein neues Gemeinschaftsprojekt für eine anstehende Ausstellung suchte: wir haben das fertige Top, das eine Größe von über 1 x 1,20m hatte, in ungefähr gleich große Teile zerschnitten, die an die Mitglieder der Gruppe verteilt wurden. Aus diesen mussten dann alle jeweils etwas herstellen. Es kamen beachtliche Ergebnisse zusammen! Das ist natürlich auch eine Art, mit solchen Stücken umzugehen.
Die andere ist, sie als Belegexemplare für die Technik aufzubewahren und ihnen diesen Status auch offiziell zuzuschreiben, sie also von dem Makel der Unfertigkeit zu befreien. Damit entlasten Sie schließlich auch Ihr eigenes Gewissen.

Nein, ich meine ‚echte’ UFOs, von denen Sie der Meinung sind, dass Sie sie noch fertigstellen möchten.
Wenn man UFOs liegen hat, ist es interessant, sich selbst eine der folgenden zwei Gewissensfragen zu stellen: 
  • Warum ist dieses Top nicht fertig genäht worden? 
  • Oder: warum ist dieses fertiggenähte Top nie gequiltet worden?

Die Gründe, die bei einer solchen Selbstbefragung auftauchen, sind, wenn Sie sich selbst gegenüber wirklich ehrlich sind, oft ein sehr guter Indikator dafür, ob es sich um ein ‚echtes UFO’ handelt, das noch Chancen darauf hat, fertiggestellt zu werden. Oder Sie erkennen, dass es sich um ein NFO, ein ‚never finished object’ handelt, dessen Chancen auf Fertigstellung wirklich schlecht stehen.
Es könnte ja einer der folgende Gründe vorliegen:
  • die Stoffauswahl, die ich damals getroffen habe, gefällt mir überhaupt nicht mehr, entspricht nicht mehr meinem heutigen Geschmack.
  • Das Muster, das ich gewählt habe, ist mir zu kompliziert/ langweilt mich/ spricht mich nicht mehr an.
  • Ich habe inzwischen so viele andere Ideen, dass ich mich nicht mehr mit dieser Sache aufhalten möchte, oder, aus Zeitgründen, nicht mehr kann.

Vor unserem Urlaub Anfang dieses Monats stand ich nämlich vor diesem Problem. Mein Mann war – verständlicherweise – strikt dagegen, als ich eine Nähmaschine mitnehmen wollte. Andererseits wusste ich, dass wir abends wegen unseres kleinen Sohnes nicht viel unternehmen, sondern uns im wesentlichen in der Ferienwohnung aufhalten würden, und ausschließlich Socken stricken wollte ich, so gerne ich das auch tue, nun wiederum nicht. 
Da fiel mir ein UFO ein, dass in einer Pappkiste aufbewahrt wird. Ein noch ziemlich unvollständiges UFO, wenn man das Maß der Fertigstellung betrachtet, das aber wiederum in der Vorbereitung ziemlich weit fortgeschritten ist:

Es gab mal eine Zeit, da waren 60-Grad Dreiecke für mich sehr wichtig, aus der Zeit stammt auch der bereits einmal auf diesem Blog gezeigte Quilt ‚Mehr Licht!’.
Damals hatte ich mir auch eingebildet, unbedingt eine Decke aus 60-Grad-Dreiecken aus gestreiften Stoffen machen zu wollen, als Kaleidoskop. Denn damals hatten sich auch einige Streifenstoffe angesammelt, die irgendwie doch nie zum Einsatz kamen (mittlerweile würde ich mir keine Streifen mehr zulegen, eben weil ich sie so schwierig finde). Zu der Zeit war ich auch noch beruflich als Pendlerin viel mit der Bahn unterwegs und hatte mir vorgenommen, die Bahnfahrten für mich zu nutzen statt sie zu vertrödeln oder gar mit mitgenommener Arbeit zu verbringen. (Auf diesen Bahnfahrten hatte ich bereits den folgenden Quilt genäht:
)
Für die Bahnfahrten musste ich mir also ein neues Handnäh-Projekt aussuchen, und da kamen diese 60-Grad-Dreiecke wie gerufen. Zugeschnitten habe ich dann sofort eine ganze Menge, genäht wurden dann allerdings nicht mehr viele, weil sich meine berufliche Tätigkeit relativ plötzlich verlagerte und die vielen Bahnfahrten völlig wegfielen. Seitdem lagerte diese unscheinbare Kiste in meinem Regal. Für den Urlaub in den Faschingsferien kamen sie nun wie gerufen, ich packte die Kiste ein und habe tatsächlich an einigen Abenden jeweils ein paar Sechsecke aus 60-Grad-Dreiecken zusammengesetzt. 

Die Handnähtechnik habe ich mir, ebenfalls während eines Urlaubs, in den ich keine Nähmaschine mitnehmen konnte, vor etlichen Jahren mal anhand des Buches „Quiltmaking by Hand“ von Jinny Beyer angeeignet.
Darin ist alles so gut beschrieben, dass ich es keineswegs in eigenen Worten hier wiederholen möchte. Nur zur Illustration ein paar Bilder:
Genäht wird im Grunde mit einem Quiltstich.
Mehrere Stiche auf einer Nadel - bis zu 10, wenn man es schafft -
 bringen ein regelmäßiges Stichbild.
Wenn eine Nadel voll war, wird der Faden
durchgezogen und beim Neuansatz
der Nadel ein kleiner Rückstick gemacht
.
Dieses Dreieck-UFO hatte also eine gefährliche Phase erlebt, in der es fast sicher dem endgültigen Untergang geweiht war, denn die äußeren Umstände hatten sich so radikal verändert, dass eine Fertigstellung kaum wahrscheinlich schien. Außerdem hatte sich mein Quiltstil so verändert, dass ich ehrlich sagen muss, ein solches Projekt würde ich heute bestimmt nicht mehr anfangen. Aber für die Urlaubsstichelei ist es gerade gut. Keine großen Anstrengungen und künstlerische Überlegungen, aber mit Stoff und Nadel hantiert - was will ich mehr?
Nach ein paar weiteren Urlauben kann ich vielleicht irgendwann doch nochmal über die Fertigstellung berichten?

PS: Wegen der Hand-aufs-Herz-Frage: ich habe mindestens neun oder zehn ...

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