Während meines Sommer-Urlaubes hat es viel geregnet. Ein
Grund, weshalb ich ziemlich froh war, bisher immer noch dem Vorschlag/Wunsch
meines Mannes widerstanden zu haben, doch mal Urlaub mit dem Wohnmobil zu
machen. Zwar war unsere Ferienwohnung klein, aber man konnte sich doch
wenigstens auf zwei Zimmer verteilen... Da wir W-LAN-Anschluss hatten, konnte
ich auch immer mal wieder ein bisschen Blog-Surfen. Unter anderem las ich den
Eintrag von Terry Jarrard-Dimond über das ‚Fertigstellen’ und die daraus resultierende Kraft, Are you a finisher?
Aber was Terry geschrieben hatte, gab mir auch wieder Anlass
zum Nachdenken.
Vor meiner Abfahrt in die Schweiz Ende Juni hatte ich ja ein
besonderes Erlebnis mit dem Fertigstellen (und Abschicken der davon abhängenden
Anmeldung) des Quilts für den Wettbewerb in Ste. Marie-aux-Mines, worüber ich
hier berichtet habe.
Da hat sich mal wieder für mich bewahrheitet, dass ich für
mein eigenes Wohlbefinden insofern Sorge tragen sollte, nicht zu sehr auf den
allerletzten Drücker zu arbeiten. Der Stress, der daraus entsteht, tut mir
nicht gut, und irgendwie wird es dann ja doch alles immer noch komplizierter.
Ich erinnere mich noch genau daran, wie es war, als ich in den letzten
Fertigstellungszeiten meiner Doktorarbeit war - da hatte ich großzügig geplant,
mehrere Wochen Pufferzeit, und war auch deutlich (ca. drei Wochen) vor dem
Abgabetermin fertig. Ein Jahr später, als es um die Abgabe des überarbeiteten
Manuskriptes für die Drucklegung ging, hatte ich einen Flug nach Kanada
gebucht, musst nebenbei noch Seminare im Semester unterrichten, alles war
deutlich knapper kalkuliert – und prompt ging der Drucker kaputt, alles wurde
hektisch. Fertig wurde es dann am Tag vor dem Abflug schon noch, aber ich war
so k.o., als ich im Flugzeug saß, dass ich nicht mal wirklich genug Kraft
hatte, mich über mich selbst zu ärgern.
Seitdem versuche ich eigentlich, besser zu planen. Ich
markiere mir im Jahresplaner, in welchen Zeiträumen ich die
Stoff-Abo-Färbeaktionen durchführen will, wann wichtige Abgabetermine für
Wettbewerbe sind, an denen ich mich beteiligen möchte, und ähnliches. Neulich
habe ich mir z.B. bereits einen kleinen Jahresplaner für das Jahr 2013 besorgt.
Trotzdem klappt es nicht immer, mit Puffer-Zeit darauf hinzuarbeiten.
Aber das ist ja noch nicht das Thema, das Terry in ihrem
Blog-Eintrag angesprochen hatte – Fertigstellen von älteren,
liegengebliebenen/noch unvollendeten Sachen.
Ein Grund, weshalb angefangene Teile nicht fertiggestellt
werden, liegt z.B. daran, dass sie in Workshop-Kontexten angefangen werden und
es nötig ist, sie zu Hause erst wieder auszupacken. Vielleicht hängt aber da ja
bereits etwas an der Wand, das man jetzt gerade nicht herunternehmen möchte.
Und wenn man das dann fertig hat, sind schon wieder so viele Ideen
dazwischengekommen, dass das Workshop-Teil doch nicht ausgepackt wird. (Kathy Loomis hat mehrfach über ihren Großeinsatz zur Fertigstellung mehrerer älterer
Teile geschrieben.)
Oder man packt sie aus und stellt zu Hause fest, dass ein
Riesenhammer drin ist, der im
Workshop selbst irgendwie überhaupt nicht aufgefallen ist,
aus welchen Gründen auch immer.
So ging es mir mit einem großen Top, das ich im Juni 2008
während meines Aufenthaltes auf Nancy Crows Farm genäht hatte. Erstmalige
Teilnahme an einer ‚Master Class’ (mit all den damit verbundenen Selbstzweifeln
– bin ich überhaupt weit genug fortgeschritten, um wirklich hier zu sein?), der
Versuch, sich selbst eine neue Richtung zu geben (dies war erst mein zweiter
Versuch, mit den Linienzeichnungen meines Sohnes etwas in Stoff anzufangen),
und auch erstmaliges Arbeiten in dieser Dimension, an so einer großen
Design-Wand kamen bei dieser Arbeit zusammen.
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"Linienspiel II" im UFO-Stadium |
An diesem Stück habe ich viel gelernt. Arbeiten mit einer
für mich völlig neuen Farbkombination, zum Beispiel. Nach mehrtägiger Arbeit
war ich soweit, dass ich das Gefühl hatte, jetzt erstmal nicht weiter zu
kommen. Zu diesem Zeitpunkt meinte Nancy dann „I’m not particularly thrilled
with that orange.“ Das haut natürlich rein – warum hat sie das z.B. nicht vor
drei Tagen gesagt, als ich die ersten orangenen Linien eingenäht hatte? und
wenn mir nun gerade der Kontrast zwischen dem dunklen Grau und dem Orange gut
gefällt?
Wie gesagt, ich hatte zu dem Zeitpunkt das Gefühl gehabt,
nicht weiter zu kommen und habe alles eingepackt. Zu Hause merkte ich dann
aber, dass für mich nicht das Orange das Problem ist, sondern die grüne Figur.

Sie hatte bei weitem nicht die Bedeutung, die ich ihr verleihen wollte – gut,
insofern könnte man natürlich sagen, das Orange zieht viel zu viel
Aufmerksamkeit auf sich. Aber das Grün selbst erobert sich ja auch nicht den
nötigen Platz, den es haben sollte. Jedenfalls habe ich das Top zu Hause dann
ganz schnell wieder weggepackt, und da lag es dann, mittlerweile über drei
Jahre, als Last in meiner UFO-Kiste (und als Lücke in der Reihe der
Linienspiele, wo es die Nummer II hätte werden sollen). Jedes Mal, wenn ich es
auspackte, und es noch einmal an die Wand hängte, um zu sehen, ob mir jetzt
eine Erleuchtung kommen würde, habe ich nach kurzer Zeit wieder aufgegeben.
Kurz nach der Lektüre von Terrys Blogeintrag jedoch fiel mir eine
Gestaltungsmöglichkeit für dieses verlorene Top ein.
Fertigstellen kann eben manchmal auch eine Weile dauern, bis
endlich der richtige Zeitpunkt für die zündende Idee gekommen ist. (Und auch
jetzt hängt gerade noch etwas anderes an der Wand.) Erkennen wird man dieses
Top dann aber nicht mehr, und ein Linienspiel II wird es wohl auch nicht mehr
sein...