(Hier finden Sie die Vorgeschichte:
Teil 1, und hier
Teil 2.)
Großzügig schlug mein Sohn nach dem Verschwinden des
abgestellten Fahrrades vor: „Mama, dann nehmen wir eben Dein altes schwarzes
Rad, das brauchst Du doch sowieso nicht, und umwickeln das.“
Zwar meinte er ein Rad, das ich wirklich nicht mehr viel
gebrauche, aber das herzugeben ich doch noch nicht bereit war. Der Pfarrer half
in unserer Notlage, schließlich hatte er das Ganze ja in Gang gesetzt, und
machte im Gottesdienst eine Abkündigung, in der er nicht nur um die Spende von weiteren
Sockenwoll-Resten, sondern auch um die eines alten Rades bat.
(Am nächsten oder übernächsten Tag stand unser ursprünglich
gemeintes Fahrrad wieder im Ständer, und der Pfarrer hatte sogar gesehen, wer
es dort abgestellt hat, das verkehrsuntüchtige Vehikel war also noch in
Gebrauch, und wir haben dann tunlichst unsere Finger davon gelassen, sozusagen
nur drumherum geplant.)
Wir bekamen einen Traum von einem alten Herrenfahrrad
gespendet, das der edle Spender zum dauerhaften Symbol für die Radfahrerkirche
erklärte. Begehrlichkeiten meines Sohnes, der gleich meinte, nach Abschluss der
Umwickelungsaktion könnte er diese schöne Rad für sich herrichten und es dann
selbst fahren, wurden auf diese Weise im Keime erstickt.
Außerdem war klar, dass die Gemeindekasse nun noch in ein
absolut diebstahlsicheres Schloss wird investieren müssen. Denn so ein Rad
weckt sicherlich auch noch weitere Begehrlichkeiten, und wenn es als Symbol für
die Fahrradkirche erhalten bleiben soll, muss es gut angekettet werden!
Und dann ging es los mit dem Umwickeln. Erste Fortschritte
zeigten bald: trotz bereits stundenlanger Drehleiertätigkeiten noch bei weitem
nicht genug Strickschlauch vorhanden! Aber mit kleinen Unterbrechungen und
Nachstricken wurde es dem Radl allmählich wärmer.
Erst stand noch in unserem Garten, weil der Pfarrer sich noch
nicht entschieden hatte, ob das gute Stück wirklich vor die Kirche oder nicht
vielleicht doch in den Kirchenvorraum gestellt werden soll.
Wenn es draußen
stünde, wäre es wegen Regengüssen und ähnlichen Wetterunbilden vermutlich
spätestens nach dem Ende der Radsaison Zeit, die gestrickten Schläuche wieder
zu entfernen, und dann müsste völlig umdekoriert werden. Denn noch einmal neue
Schläuche produzieren werde ich nicht. Das könnten dann die Konfirmanden der
Gemeinde übernehmen!
Neben Wollspenden aus der Gemeinde ist in diesem Kunstwerk Material
für potentiell sicherlich 10 bis 15 Paar Socken enthalten. Ich bin froh, dass
mein Sockenwollkorb nun wieder mir gehört!

Mein persönliches Fazit dieser Aktion? Niemals zuvor habe
ich soviel Material in so kurzer Zeit „verstrickt“. Sinn und Zweck einer
solchen Strickmaschine, wie wir sie verwendet haben, hat sich mir bis heute
eigentlich nicht erschlossen. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wie
jemand auf die Idee kommen kann, eine solche Maschine zu entwickeln. Das
erstrickte Ergebnis – dieser Schlauch, den die Maschine produziert – ist von
einer merkwürdigen Größe/Breite, die eigentlich für nichts zu gebrauche ist.
Zeitweise hatte ich sogar gedacht, Guerilla Knitting sei nur erfunden worden,
um eben die Ergebnisse dieser Maschinen irgendwo unterbringen zu können. Gut,
man kann die Maschine auch auf ‚hin und her’ stellen und dann Schals in
Einheitsbreite, kraus rechts herstellen. Aber wieviele Schals will man denn so
stricken? Und seien wir doch mal ehrlich: Schals in kraus rechts sehen nur die
allerkürzeste Zeit gut aus, sobald sie sich etwas strecken, ist der optische
Genuss nur noch gering. Für das Erlernen des Strickens bringt die Verwendung
dieser Maschine ebenfalls nichts – man kann nicht mal behaupten, dass ein
Gespür für das Stricken entwickelt wird. Beim Produzieren von Schnüren auf der
Strickliesel lernen die Kinder wenigstens allmählich, Spannung des Fadens und
Heftigkeit der Bewegung aufeinander abzustimmen, die Feinmotorik wird geschult,
und ich halte es für eine sinnvolle Vorstufe beim Erlernen der Strickbewegung.
Das Ergebnis der Strickliesel allerdings ist sicherlich auch nicht viel
sinnvoller als der Strickschlauch aus dieser Maschine.
(In Birmingham habe ich – da war die Fahrradaktion schon in
vollem Gang, meine Meinung über die Strickmaschine also bereits deutlich
ausgeprägt – dieses Gerät gesehen. Immerhin ohne den Drehleier-Hebel, aber das
Bild des potentiellen Ergebnisses auf der Packung ...?
Als ich eine Frau sah, die die Packung abwägend in der Hand
hielt, fragte ich sie, ob sie richtig stricken könnte – ja – und habe ihr dann
deutlich davon abgeraten, dieses Gerät zu kaufen, stattdessen lieber das Geld
in ein Knäuel schöner Wolle zu investieren.)
Andererseits halte ich das vom aus dieser Maschine entsprungenen
Schlauch umwickelte Ergebnis doch für sehr gelungen, selbst wenn ein Großteil dieses
Erfolges dem ursprünglichen Erscheinungsbild des umwickelten Fahrrades zugeschrieben
werden muss. Und nicht der Schönheit der umwickelnden Strickschläuche.
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Für ein paar Tage stand es erstmal im Vorraum der Kirche: stolzes Ergebnis langer Arbeit! |
Sollte jemand auf die Idee kommen, eine ähnliche Aktion in Angriff
zu nehmen, empfehle ich dringend die Arbeit in einer größeren Gruppe mit
Arbeitsaufteilung, dadurch wird der Spaß bestimmt größer. Und vielleicht kann
man dann doch auch das Maß-Bestricken von Gegenständen in Erwägung ziehen, wenn
viele Hände helfen.
Ich allerdings werde lieber erstmal wieder meine Nadeln für
Socken oder vielleicht den einen oder anderen Pullover oder Pullunder
schwingen. Weitere Beteilung meinerseits an Aktionen im Bereich Guerilla
Knitting kann ich mir, zumindest mit Strickmaschine, im Moment überhaupt nicht
vorstellen!
Seit das Wetter etwas schöner angesagt ist, hat der Pfarrer das Rad nun seiner öffentlichen Bestimmung zugeführt - rechtzeitig für das am Sonntag anstehende Gemeindefest. Ich bin gespannt auf die Reaktionen!