Mittwoch, 7. Januar 2015

Strickmuster und so

Ich stricke seit über 40 Jahren. Ich habe viel gestrickt, und auch viele Stücke selbst ausgerechnet und fertiggestellt – designt, so nennt man das wohl heute. Eine Maschenprobe aus der Wolle, die ich mir ausgesucht hatte, Maß genommen, und los ging’s. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, aufzuschreiben, was ich da mache, und die Muster vielleicht als Anleitungen zu verkaufen. Vielleicht wäre das auch eine mögliche Berufswahl gewesen? Nun, eine weitere verpasste Chance. Selten habe ich auch nach Anleitung gestrickt – bestenfalls als Anregung genommen und dann mehr oder weniger frei improvisiert.
Jedenfalls halte ich mich für eine ziemlich erfahrene Strickerin, die vor wenig zurückschreckt. Dazu gehören auch selbstgesponnen und –ausgezählte Pullover im Aran-Stil.


Einmal habe ich für einen Studenten der Klarinette, den ich sehr gern mochte, einen Pullover mit dem Anfang des Mozart Klarinettenkonzertes gestrickt.
Letztes Jahr allerdings bin ich, als ich eine kostenlose Anleitung aus dem Internet runtergeladen hatte, an meine Grenzen gestoßen. Es sollte ein Schal im Zickzackmuster werden, 


aber die Beschreibung des Grundmusters war so leserunfreundlich, dass ich sie mir sogar für die Musterteile umgeschrieben habe. 


Und nach viel Fluchen und immer wieder neuem Zweifeln 



habe ich schließlich aufgegeben und nach der Hälfte abgekettet. Ich nehme an, dass es sich um die deutsche Übersetzung einer englischen Anleitung handelte, denn sie war so anders geschrieben als deutsche Strickanleitungen, die ich früher gesehen habe. 


Nach diesem Erlebnis habe ich mir geschworen, von dieser Verfasserin keine weiteren Anleitungen mehr nachzustricken, obwohl ich noch ein weiteres Muster runtergeladen hatte – und vor allem würde ich keines der optisch interessant erscheinenden aber kostenpflichtigen Muster kaufen, die sie anbietet.
Kurz darauf fand ich in einem alten Strickmusterbuch von ca. 1938 dann aber genau die Anleitung für das zugrundeliegende Muster (Zickzackpatent hieß es da) – 


und hier waren genau die zwei Zeilen enthalten, die das Nachstricken des Musters einfach und übersichtlich machten: die Angabe, ob bei dem Wechsel von einem Grundmuster zum nächsten die Vorderseite der Arbeit vorne liegen muss, oder die Rückseite. Nun könnte ich den Schal vielleicht noch stricken, aber erst waren mir andere Dinge wichtiger.
Für den Urlaub habe ich mir dieses Mal auch ein Strickzeug mitgenommen. Keine Nähmaschine, weil mein Mann ob all der Spielzeuge, die mein Sohn und ich einpacken wollten, schier die Panik bekam und meinte, am Ende müsse er zu Hause bleiben, damit Frau und Sohn alle ihre Wünsche erfüllt bekämen. (Ich kenne das Stauvermögen unseres Autos dank meiner Fahrten mit Stoffkisten besser als mein Mann, aber da er sich partout nicht überzeugen ließ, dass wirklich sehr viel in dieses Auto hineingeht, und ich sowieso nicht ernsthaft vorhatte, eine Nähmaschine mitzunehmen, habe ich großzügig darauf verzichtet.)
Stattdessen also ein Strickzeug, und dieses Projekt könnte eine neue Herausforderung werden. Es handelt sich um eine Jacke aus diesem Buch, auf das mich meine Freundin Regine aufmerksam gemacht hatte:


Los ging es damit, dass ich mir – schon vor der Abfahrt in den Urlaub - wirklich mehrere Abende Zeit genommen hatte, um immer mal wieder die Anleitungen zu lesen und so allmählich das zugrundeliegende Prinzip zu verstehen.


Maschenproben habe ich auch zwei unterschiedliche gestrickt – das habe ich eigentlich noch nie getan, denn ich kann abschätzen, welche Wolle ich mit welcher Nadelstärke stricken muss! Aber weil ich ziemlich dünne Wolle gewählt habe, von der ich eigentlich weiß, dass sie sich am besten mit 3er Nadeln strickt, und vielleicht doch gerne wegen der Schnelligkeit mit 3,5er Nadeln gestrickt hätte, habe ich es zumindest mal probiert... aber es nützt nichts, es bleibt bei Nr. 3, die erste Probe war einfach zu labberig.


Dann habe ich erstmal heftig gerechnet, um entsprechend der Maschenprobe auf die anzuschlagende Maschenzahl zu kommen, denn alle Anleitungen für die Modelle im Buch basieren auf mindestens 4er oder sogar 5er Nadeln. (Warum ich da nicht noch die Reißleine gezogen und eine andere Wolle gewählt habe, weiß ich nicht, denn ich hätte sogar eine passende zu Hause gehabt!) Ich musste 897 Maschen anschlagen.


Dafür kamen mir dann die Markierer recht, die ich vor kurzem geschenkt bekommen hatte. Zwar hatte ich auch Sicherheitsnadeln einpacken wollen, die blieben aber dummerweise zu Hause liegen. 
Ich habe also mit einer gesunden Skepsis gegenüber der Tauglichkeit dieser Markierer angefangen anzuschlagen.


Damit war ich eine Weile beschäftigt, aber in diesem Stadium haben die Markierer sich noch bewährt. Allerdings habe ich in weiser Voraussicht nach jeweils 112 Maschen – die magische Zahl, nach der nach ein paar Reihen die erste Abnahme erfolgen sollte – ein Stückchen Garn eingezogen. Das war auch sehr sinnvoll, denn so leicht, wie die Markierer sich einschieben lassen, so leicht rutschen sie auch wieder raus. Ohne meine Zottelchen in der Anschlagsreihe hätte ich schon mehrmals nachzählen müssen. 


Und inzwischen arbeite ich wieder ohne die Markierer. In Ermangelung der Sicherheitsnadeln habe ich dann zu andersfarbigem Garn gegriffen, das ich auch noch dabei hatte, und die daraus hergestellten Wimpel werden bei jedem Abnehmen um ein paar Reihen versetzt. Das war vor allem psychologisch sehr sinnvoll. Vorher hatte ich den Eindruck, dass diese Reihen einfach nur endlos vor sich hindüdeln, und die gleichfarbigen Wedelchen am Unterrand der Arbeit huschten eher unbemerkt vorbei. Die nun nicht mal mehr 100 Maschen zwischen den einzelnen gelben Wedelchen sind aber schnell weggestrickt, und man hat ständig das Gefühl, schon wieder einen gelben Straßenposten passiert zu haben.


Jetzt heißt es erstmal etliche Runden stricken. Jede vierte bzw. fünfte Reihe werden pro Runde insgesamt 16 Maschen abgenommen. Ich glaube auch schon zu merken, dass die Reihen etwas kürzer werden. Oder ist das nur Selbstmotivation? Bis jetzt läuft alles gut. Der komplizierte Teil kommt erst, wenn es an die Ärmel geht. Und sich dann auch rausstellt, ob ich die Maschen- und Reihenzahl richtig berechnet hatte...



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