Samstag, 26. September 2015

Selbstvergewisserung

Es hat fast die ganze Woche gedauert, bis ich mich einigermaßen von der Aufregung um meinen verlorenen Quilt erholt habe. Erst heute hatte ich den Eindruck, dass ich wieder ungefähr ‚in der Spur’ gelaufen bin. Zwar habe ich mich einerseits schon gefreut, als endlich die Nachricht kam, dass der Quilt doch noch angekommen war. Andererseits hat es an mir genagt, dass er in Ste. Marie-aux-Mines selbst nicht Teil der Ausstellung gewesen war, und auch, dass er nicht für die Preise in Betracht gezogen werden konnte. Vermutlich hätte ich ja gar keinen Preis gewonnen – aber weiß man’s? Da gilt eben doch der Werbespruch ‚nur wer mitspielt, kann gewinnen’. Und wenn man mitgespielt hat, aber das mitspielende Objekt nicht wirklich anwesend ist... Nun gut, jetzt geht es wieder, ich habe es abgehakt und denke weiter.
Wie es wohl nächstes Jahr im Elsass sein wird? Was wird das neue Management beibehalten, was verändern?



Ein Teil meines Durchhängers kam vielleicht auch daher, dass ich mittlerweile nicht mehr so ganz einschätzen kann, wie das mit den Flüchtlingen eigentlich weitergehen soll. Zwar haben wir hier in der Stadt von dem letzten Riesenansturm, der nach der Grenzöffnung durch die Bundeskanzlerin über Bayern hereingeschwappt ist, noch nichts ‚abbekommen’, weil es einfach momentan keine weiteren zur Verfügung gestellten Unterkünfte gibt, in denen sie wohnen könnten. Aber erstens kursieren Gerüchte, es könnte vielleicht die eine Sporthalle für Flüchtlinge hergerichtet werden, und zweitens war auch schon bei denen, die im August hier neu angekommen sind, eine andere Erwartungshaltung zu erkennen, als bei denen, die wir seit Februar betreuen. Durch bewusste Fehlinformationen geweckte hochgesteckte Erwartungen führen dazu, dass Hilfeleistungen aus der Bevölkerung gering geachtet werden, weil sie natürlich nie an die versprochenen Häuser, Geldmengen und Autoschlangen heranreichen, die vielen in Aussicht gestellt wurden. Da wird das Helfen schwieriger. Und ich kann mir vorstellen, dass es passieren könnte, dass die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung das nicht lange aushält. Jedenfalls kommen da sicherlich spannende Zeiten und deutliche gesellschaftliche Veränderungen auf uns zu.

Während ich mich durch die Woche geschleppt habe, immer mit einem Auge auf den Umstellungen, die die Familie gerade durchmacht, weil der Schulwechsel aufs Gymnasium stattgefunden hat und in der zweiten Schulwoche dort auch allmählich ein Rhythmus einkehrte, wurde ich auch noch durch den Piepser am Backofen getaktet. Denn es war Färbewoche für das Stoff-Abo, und da galt es, erst regelmßig zum Umrühren in den Keller zu sausen. Anschließend piepste es dann immer zum Endzeitpunkt der verschiedenen Waschgänge, die die gefärbten Stoffe beim Auswaschen durchlaufen. Gerade habe ich die letzte der sechs Farben fertig gebügelt, und am Montag wird geschnitten und verpackt. Diesmal kommen Lila-Töne.



Und ich habe mich immer wieder an die Nähmaschine gesetzt, um meinen Quilt für die SAQA-Ausstellung Migration voranzutreiben. Der Text ist jetzt fertig, alle Fäden auf der Vorderseite sind gekappt, und sogar den Rand habe ich schon angefangen. Ich bilde mir ein, die restlichen Fäden auf der Rückseite kann ich auch noch nach dem Fototermin abschneiden, die sieht man ja auf dem Foto nicht. Meine Planung für einen weiteren Quilt, den ich noch vor meiner Abreise nach Neuseeland fertigstellen wollte, und von der ich mir einbildete, dass sie ganz großartig sei, ist allerdings im Moment erstmal ein wenig ins Wanken geraten. Irgendwie alles zu überfrachtet, kopflastig – und ich muss auf jeden Fall eine oder sogar zwei Nächte drüber schlafen. Vielleicht nähe ich vor meiner Abreise einfach nur was ganz Traditionelles, um dann nochmal auf der Longarm loszulegen...?

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