Donnerstag, 8. Oktober 2015

25 Jahre Deutsche Wiedervereinigung - und jetzt?

Vergangenen Samstag habe ich mir im Radio die Rede des Bundespräsidenten aus Anlass des Festaktes zur 25. Jahrestag der Wiedervereinigung in der Paulskirche in Frankfurt angehört. Die Verbindungen, die er zur heutigen Situation gezogen hat, mit den vielen Flüchtlingen, die zur Zeit nach Deutschland kommen – und so viele wollen einfach nur nach Deutschland, weil sie Gutes, darunter aber auch viele Märchen über dieses Land gehört haben – hat mir sehr eingeleuchtet. Auch die DDR-Flüchtlinge kamen damals, vor 26 Jahren, aus den Botschaften der Ostblockländer, massenweise, in Zügen, und hatten sich zwar ein Bild aus den Fernsehbildern gemacht, aber keine wirkliche Vorstellung von dem, was auf sie zukommen würde. Allerdings hatten wir damals wenigstens die Illusion, dass, weil sie ja ‚dieselbe Sprache und Kultur’ hatten, sie doch ‚eigentlich wie wir’ sein müssten. Wie weit die Differenzen in den vierzig Jahren der Teilung bereits fortgeschritten waren, haben wir erst später gemerkt.
Als die Feierlichkeiten für die Wiedervereinigung Deutschlands stattfanden, war ich mit dem Studentenorchester, in dem ich damals spielte, in Kanada. Die Reise war bereits geplant gewesen, bevor klar war, dass die Wiedervereinigung nach dem Mauerfall tatsächlich so schnell kommen würde. Mir ging das damals alles viel zu schnell, zu überstürzt, und vor allem zu sehr im Stile der ‚wirtschaftlichen Übernahme’, und ich war ganz froh, in den Tagen selbst außer Landes zu sein. Dabei war ich nicht gegen die Wiedervereinigung, zumal meine Familie ja auch eine von den vielen Familien war, die durch die Zwei-Staaten-Situation getrennt und geprägt war. Jetzt sind 25 Jahre vergangen, der Gewöhnungsprozess zwischen den beiden ungleichen Hälften ist weit fortgeschritten – aber ist er wirklich abgeschlossen? Und nun kommen (nochmal) Millionen Menschen hinzu. 
Denn es werden ja wohl Millionen werden... Und Mauern, Zäune oder ähnliche Mechanismen, nach denen der rumpelnde Ministerpräsident dieses Bundeslandes schreit, werden die Leute nicht aufhalten. Die EU versucht doch seit Jahren, in Nordafrika mit Zäunen die Leute davon abzuhalten auf Schengen-Gebiet zu kommen. Und es hat nichts genützt. 
Vermutlich muss man selbst die biographische Erfahrung, hinter einer Mauer gelebt zu haben, gemacht haben, um das so klar und eindeutig zu verstehen, wie die Bundeskanzlerin es zur Zeit vertritt. Ich bewundere diese Frau, die eigentlich nicht wirklich meine politische Richtung ist – aber bei allen Schwierigkeiten, denen wir gegenüberstehen, hat sie, meines Erachtens, trotzdem die richtige Entscheidung gefällt, als sie sagte, wir hätten den Platz, die Leute, die sich zu dem Zeitpunkt in Ungarn aufhielten, aufzunehmen. Das stimmt ja auch. Bloß werde hätte gedacht, dass sich dann plötzlich solche zusätzlichen Mengen in Bewegung setzen!
Und das alles vor dem Hintergrund, dass gerade in den letzten zwei Wochen in der Betreuung der Flüchtlinge hier vor Ort schon auch einige Schwierigkeiten bei der Integration aufgetreten sind, die zumindest andeuten, welches Ausmaß diese Aufgabe tatsächlich annehmen wird.
Da war ich doch froh, mich immer mal wieder an die Nähmaschine zurückziehen zu können. Der Quilt für die SAQA-Ausschreibung zum Thema „Diaspora“ ist fertig, heute habe ich ihn fotografieren lassen. Und am nächsten Quilt habe ich zumindest gearbeitet. Ob er noch fertig wird, bevor ich abreise, wird sich einfach zeigen müssen.

Gestern nachmittag habe ich dann mit meinem Mann zusammen eine Ausstellung gehängt, die am kommenden Samstag eröffnet wird. Relativ kurzfristig hatte sich, nachdem ich schon vor einiger Zeit angefragt hatte, die Möglichkeit ergeben, im Ladenlokal eines Optikergeschäftes hier in der Innenstadt für eine Zeitlang auszustellen. Jetzt noch ein paar Leisten schneiden lassen, Schildchen drucken, ruhigen Kopf bewahren...


Die Ankündigung der Ausstellung und Einladung für Samstag 
Und ich freue mich immer mehr auf meine Reise nach Neuseeland. Ohne deutsche Handy-Nr.. Unerreichbar in Sachen Asyl, und außerdem im Frühling, wenn hier in Deutschland der November vor sich hin nebelt!

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