Im Auftrag für andere auf der Longarm zu quilten ist eine
Dienstleistung. Man bekommt eine Aufgabe, die gegen eine Gebühr zu erledigen
ist, und danach wird das bearbeitete Stück wieder zurückgeschickt.
Einerseits.
Andererseits weiß man, dass das vorliegende Stück von jemand anderem mit viel
Zeitaufwand und vermutlich auch einer bestimmten Menge an Herzblut gearbeitet
worden ist, und da ist das Quilten nicht nur irgendeine Dienstleistung, die man
routinemäßig runterspult.
Wenn dann noch eine gewisse Bekanntheitsbeziehung zur Auftraggeberin dazukommt,
wird es nochmal interessanter. Und bei einem Quilt, der einem von einer
wirklich betagten alten Dame anvertraut wird, die davon erzählt, dass es sich
um ein bereits seit vielen Jahren liegendes UFO handelt, das sich der Enkel nun
an die Wand hängen will, kann man schon gar nicht mehr mit einer ein bisschen
distanzierten Dienstleistungshaltung drangehen.
Besagtes Stück habe ich letzte Woche erhalten, und dass es
eine besondere Herausforderung werden sollte, war mir von Anfang an klar.
Beispielsweise würde, weil das gute Stück schon mal gesteckt gewesen war, und
die Rückseite bereits sehr genau auf die Größe des Vorderteils angepasst war,
wenig Platz bleiben, um die Fadenspannung einzustellen. Es ging dann aber
gleich mit einer weiteren Überraschung los, die im telefonischen Vorgespräch
nicht zur Sprache gekommen war. In der Zeit, als dieses Top genäht wurde, wurde
in bestimmten Bereichen viel auf Rasterquick gearbeitet, so auch bei diesem
Quilt.
Auch ich habe damals in Kursen zwei Quilts auf Rasterquick
genäht, und obwohl mir die Genauigkeit, mit der gearbeitet werden konnte, schon
zugesagt hat, war für mich ganz eindeutig klar, dass das nicht meine Art des
Arbeitens sein würde. Erstens die ständige Wenderei und Anpasserei, und vor
allem zweitens die Steifheit, die durch die zusätzliche Vlieslage entstand und
Handquilten alles andere als angenehm machen würde (damals war ich noch völlig
überzeugte Handquilterin) haben mich vom Rasterquick eindeutig Abstand nehmen
lassen. Soweit, dass ich überhaupt nicht im Entferntesten damit gerechnet
hatte, so etwas nochmal auf die Maschine zu bekommen!
Nun wäre das vermutlich überhaupt kein Problem gewesen, wenn
ich ausreichend Platz gehabt hätte, um die Fadenspannung sorgfältig zu überprüfen
und gründlich einzustellen.
Erst habe ich zwei Tage gezögert, ob ich den Auftrag nicht
doch noch zurückgeben sollte, aber da es sich um eine Dame handelt, die in der
Patchworkgruppe meiner Mutter eine wichtige Rolle gespielt hat, und eben die
oben beschriebenen Hintergrundbedingung dazukamen, habe ich das dann nicht
übers Herz gebracht.
Vor zwei Tagen habe ich mich dann dran gemacht. Das
Aufspannen ging gut, und dann habe ich das Risiko bewusst auf mich genommen –
ich musste die Fadenspannung auf dem Quilttop direkt ausprobieren, ohne
einschätzen zu können, wie sehr die Oberfläche dadurch leiden würde, falls ich
etwas auftrennen muss. Zwar handelte es sich um einen etwas grober gewebten
Stoff, der so aussah, als ob er das würde vertragen können, aber ich hatte
keinerlei Erfahrung damit, wie das darunterliegende Rastervlies auf diese
Behandlung reagieren würde.
Erste vorsichtige Versuche schienen erstaunlich schnellen
Erfolg bei der Einstellung der Fadenspannung zu zeigen, und so habe ich mich
dann getraut, und die gewünschten Spiralmuster angefangen. Nach knapp 10
Minuten – wenn es überhaupt so lang gedauert hat – habe ich aber an einer
ungenau aussehenden Stelle Verdacht geschöpft,
unter das Top geschaut, und da fanden sich dann mehrere Stellen dieser Art:
Ca. zwei intensive Stunden später waren die Spiralen wieder
aufgetrennt (und der Rücken tat weh) und ich habe beherzt die Spannungsschraube
nochmal deutlich fester zugedreht. Die Oberfläche schien keinen Schaden
gelitten zu haben, jedenfalls war nichts zu sehen, und auch das Rasterquick ist
nicht irgendwo rausgequollen.
Wenigstens hatte ich bei dieser Aktion gemerkt, dass die
Spiralen überhaupt nicht zu dem farbintensiven grafischen Muster passten,
und
konnte dann noch in einem weiteren Telefongespräch ein anderes Quiltmuster
vorschlagen und vereinbaren.
Das habe ich dann heute ausgeführt, und es ist sehr schön
geworden.
Zwischendurch tauchte dann noch eine Stelle auf, wo sich plötzlich
mehrere Streifen verschoben, als die Longarm drüberfuhr, da war wohl beim
Bügeln das Polyestergarn verschmurgelt.
Allerdings konnte ich die drei offenen
Stellen beim Quilten schließen, so dass es nicht auffällt und kein
Auflösungseffekt eintreten sollte.
Aber das war teures Lehrgeld: der Platz zum
Fadenspannungprüfen muss wirklich da sein! Und lieber vier- oder fünfmal
nachschauen, ob es zu Verschlingungen kommt, auf kleinerer Fläche, als nochmal
mehrere Stunden auftrennen. Wäre es nicht um dieses Rasterquick gegangen, hätte
ich mir ja eine ähnliche Situation geschaffen und die Spannung überprüfen
können, aber weder hatte ich in meinen Vorräten Rasterquick noch einen auch nur
annhähernd ähnlichen Stoff, so dass diese Möglichkeit völlig ausschied. Nun ist
Ende gut, alles gut, und die Maschine wieder frei, und wartet auf weitere
Aufgaben.
Liebe Uta,
AntwortenLöschenauch wenn ich nicht Longarm quilte, kommt mir diese Geschichte sehr bekannt vor. Wenn man Pech hat, sieht der Auftraggeber hinterher nur das Ergebnis und kann sich die Seelenqualen, die man vorher damit hatte, gar nicht vorstellen. Hoffentlich weiß die Dame das Ergebnis zu schätzen?
Heide - doch, die Dame weiß das Ergebnis auf jeden Fall zu schätzen. Bei Auftragsarbeiten ist es ja aber auch so, dass man gar nicht will, dass dem Ergebnis die qualvolle Suche oder evtl. durchgeführte Auftrennarbeiten anzusehen ist. Z.B. könnte bei einem Popeline-Stoff keineswegs so eine Auftrennaktion stattfinden, weil die Löcher überhaupt nicht wieder zu zu kriegen sind! Da hatte ich in diesem Fall sogar noch ausgesprochen Glück.
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