„Warten – dem Eintreffen einer Person, einer Sachen, eines
Ereignisses entgegensehen, wobei einem oft die Zeit besonders langsam vergeht.“
So oder ähnlich wird die Lexikon-Definition von Warten formuliert. Warten kann
man vielleicht ganz gut, wenn man weiß, dass etwas ganz sicher eintreten wird,
und der Zeitpunkt (einigermaßen) bekannt ist. So wie beim Erwarten der
Tulpenblüte – selbst wenn in diesem Jahr die Geduld wegen der kühlen Witterung
wirklich auf eine lange Probe gestellt wurde bzw. wird.
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Tulpen am 12. April |
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Tulpenbeet am 19. April |
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Tulpenbeet am 21. April |
Schwieriger wird es schon, wenn man nicht ganz genau weiß,
wann das erwartete Ereignis eintreten wird, und noch schwieriger ist es
sicherlich, wenn man nicht genau weiß, ob der ersehnte Zustand überhaupt eintreten
wird. Das lässt sich alles nach philosophischen Kriterien durchdeklinieren. Am
allerschwierigsten könnte es aber sein, wenn man irgendwie das Gefühl hat, auf
etwas zu warten, man aber gar nicht so ganz genau weiß, worauf man eigentlich wartet.
Geschweige denn, wann „es“ denn vielleicht eintreffen könnte.
So komme ich mir nun gerade vor, nachdem ich kürzlich eine
Nachricht von den Organisatoren des Carrefour in Ste. Marie-aux-Mines erhalten
habe.
Seit Jahren debattiere ich schon mit mir selbst, ob ich mir
den Luxus einer neuen großen Maschine mit dem vielen Platz von Bernina gönnen
soll oder nicht. Als sie dann, nachdem man schon länger gerüchteweise davon
gehört hatte, endlich auf den Markt kam, hat mich der stolze Preis erst einmal
gründlich abgeschreckt. Das Geld muss man ja auch erst mal zur Verfügung haben!
Und dann gab es zuerst auch nur die 830er mit soviel Beiwerk, das wollte ich
gar nich alles haben, denn ein Stickmodul liegt nicht in meinem
Interessenbereich. Wenn ich sticke, dann von Hand, und mit der
Computerdigitalisierung wollte ich mich nicht abgeben.
Als die 820er ohne das Stickmodul auf den Markt kam, habe
ich mich immer noch zurückgehalten. Wenn man mal ein eigenes Einkommen gehabt
hat und dann irgendwann für die Familie nur noch ein Einkommen zur Verfügung
steht (und dazu dieses auch nicht das ‚eigene’ ist), dann wird man deutlich
vorsichtiger mit luxuriösen Anschaffungen. Zwar hatte auch ich hin und wieder
durch Kurse Einnahmen zu verzeichnen, doch obwohl ich davon auch manches auf
die Seite gelegt hatte - es war einfach nicht genug, um ein unbeschwertes „Das
gönne ich mir jetzt“ zu rechtfertigen. Vor zwei Jahren kam dann die Janome
Horizon 7700 auf den Markt, und bei den Patchworktagen in Dortmund gab es ein
vermeintlich gutes Einführungsangebot, bei dem ich zugeschlagen habe.
Nur leider hat diese Maschine ja letztendlich nicht die
Qualitätsleistung erbracht, die ich mir erhofft hatte. Aber das Geld ist weg,
die übrigen Mittel sind in den Anfang des Stoff-Färbe-Businesses geflossen.
In den letzten Wochen, bei steigender Frustration wegen der
Quiltleistung der Janome, hatte ich schon manchmal das Gefühl, dass ich auf
irgendetwas warte – den großen Knall, dass ich alles hinschmeiße, oder was denn
nun eigentlich.
Meinem Mann wurde es schließlich zu viel und er hat mir
praktisch die Pistole auf die Brust gesetzt, mir jetzt endlich die Bernina zu
besorgen. (Er hatte schon vor zwei Jahren die Meinung vertreten, dass ich mir
lieber gleich die hätte kaufen sollen.) Mein Gejaule, dass wir uns die nicht
leisten können, hat er standhaft ignoriert, auf die – laut Steuerberater - demnächst zu erwartende Steuerrückzahlung
hingewiesen, und mich aufgefordert, von meine Bekannten und Freundinnen
Erfahrungsberichte über die Bernina einzuholen. Das ist mittlerweile passiert, die Berichte sind durchweg
positiv, schlimmstenfalls mit der Einschränkung „einarbeitungsbedürftig“.
Anfang April waren wir an einem Samstag zum Geburtstag
meiner Schwiegermutter, die immer sehr interessiert nach den Quilts und allem,
was damit zusammenhängt, fragt. Und wir kamen nach Hause mit einer Art
Bürgschaft – wenn wir das Geld für die Maschine bräuchten, würde sie dafür
sorgen, dass wir das auch bekämen (und die Brüder meines Mannes den gleichen
Betrag, denn gerecht veranlagt ist sie durch und durch).
Es folgte der Anruf bei meinem Nähmaschinenhändler im Nachbarort, und es
stellte sich heraus, dass der sich gerade in Verhandlungen mit Bernina
befindet, da sie ihn unbedingt wieder zum offiziellen Bernina-Händler machen
wollen. Während ich noch von ihm ein Angebot erwartete, und eine Aussage
darüber, ob er die zu der Zeit mal wieder in Reparatur befindliche andere
Maschine auch in Zahlung nehmen würde/könnte, erhielt ich die oben bereits
erwähnte Nachricht, mit folgenden Inhalt: Bernina International hat sich
entschieden, für meine im September anstehende Ausstellung im Elsass als
Sponsor aufzutreten.
Das ist natürlich eine tolle Nachricht, und dann noch im
Zusammenhang mit dieser Entscheidung für die Maschine ...
Ob ich nun gerade darauf gewartet habe, weiß ich zwar nicht,
das wird sich vermutlich erst in den nächsten Tagen herausstellen, wenn die
emotionale Achterbahnfahrt der letzten Woche wieder etwas abgeschwächt ist.
Wenn es das gewesen sein sollte, dann habe ich es wirklich nicht gewusst. Im
Gesamtzusammenhang erscheint es jetzt aber irgendwie doch schlüssig.
Jetzt kann ich dann auch noch ganz gut warten, bis die neue Maschine
schließloch wirklich bei mir auf dem Tisch stehen wird. Bis dahin nähe ich
wieder mit meiner kleinen alten Bernina 930.
Die schnurrt ja immer noch wie
eine kleine Katze.