Sonntag, 30. Juni 2013

Abschiedlich leben

Seit ein paar Jahren schreibe ich hin und wieder als freie Mitarbeiterin für die Lokalredaktion unserer Zeitung. Und da unserem Pfarrer die Mitarbeiter am Gemeindebrief nach und nach abhanden gekommen sind, hat er mich dieses Jahr deshalb auch zweimal gebeten, einen Beitrag zu schreiben. Der erste ging über das Thema „Abschied“, und der Pfarrer meinte, noch nie hätte er in all den Jahren, die er schon den Gemeindebrief betreut, soviele Kommentare über den Artikel zum Schwerpunktthema des Heftes bekommen.
Ich hatte was geschrieben über „Winter ade“ und ein paar andere Erwähnungen von Abschieden in Liedern und Gedichten, Abschiede im Leben in verschiedenen Lebensphasen, wie man sie erlebt, wie man lernen kann, damit umzugehen, und ob sie geplant oder ungeplant eintreten. Und ob man die Konsequenzen, die sich aus geplanten Abschieden ergeben, ausreichend bedacht hat oder nicht.
Seitdem merke ich, obwohl es mir durchaus auch vor dem Schreiben des Artikels deutlich bewusst war, immer wieder, wie viele Abschiede im Leben man doch er-leben muss. Und dass man sie bewusst gestalten kann, manchmal radikal durchziehen muss. Verwandte oder Freunde sterben, Freundschaften gehen aus den verschiedensten Gründen auseinander, man muss sich mal aus einem Chor, einer Gruppe oder einem Verein verabschieden. Bewusst gestaltet sind Abschiede zu verkraften. Den richtigen Weg zu finden ist aber nicht immer einfach.
Ich bin gerade dabei, mich von meinem Garten zu verabschieden. Nein, wir ziehen nicht um. Der Garten an sich bleibt, wir bleiben im Haus wohnen, warum also verabschieden? Ganz einfach: Ich gebe auf und überlasse den Schnecken das Feld. Eigentlich war ich ja sowieso keine leidenschaftliche Gärtnerin, Unkrautjäten gehört wirklich nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Aber die paar Blumen, die ich habe, haben mir immer Freude gemacht. Vor allem im Frühjahr die Tulpen. 


Dafür habe ich mich doch immer wieder auch zum Unkrautjäten aufgerappelt.
Wichtig war mir dann noch mein Kräuterbeet, mit frischer Pfefferminze, Zitronenmelisse, Schnittlauch, Thymian, Lavendel. So ein frisch gebrühter Pfefferminz- oder Zitronenmelissetee im Sommer ist einfach etwas ganz Besonderes, und die Kräuter direkt frisch geschnitten für den Salat...
Und dann natürlich meine Obststräucher, für meine selbstgekochte Marmelade. Da bin ich tatsächlich leidenschaftlich. Zu meiner großen Freude haben die Johannisbeeren jetzt endlich noch angefangen, etwas Farbe zu entwickeln.
Aber dieses Jahr haben die Schnecken so überhand genommen, dass es einfach überhaupt kein Vergnügen mehr ist. Das Unkrautjäten hatte ich wegen der langen Regenfälle schon auf Rasenmäherbetrieb umgestellt. Aber als ich keine Pfefferminzpflanze im Beet ohne Schneckenfraßspuren mehr hatte, an einem Tag in drei Besuchen ca. 50 Schnecken aus dem Schnittlauch abgesammelt habe und innerhalb von ca. 20 Minuten abends ein knappes Pfund Schnecken in einer Plastiktüte eingesammelt habe, habe ich beschlossen, dass es reicht.
Die Kräuter kommen in Töpfe. 

Leergeräumtes Kräuterbeet

Das Beet wird neuer Standort eines noch kleinen Nussbaumes, den ich selbst aus einer Walnuss gezogen habe. (Vermutlich werde ich nicht lange genug hier wohnen, um selbst mal davon ernten zu können, aber vielleicht werden es Nachmieter mir mal danken.) Die Blumen, die durch ihr löchriges Aussehen als reines Schneckenfutter markiert waren, habe ich entfernt, ebenso die Stauden, die den Schnecken tagsüber als Unterschlupf dienen. Ein paar robust wirkende bleiben stehen, aber sie müssen sich in Zukunft selbst verteidigen.
Das einzige Beet, das ich noch vehement verteidigen werde, ist der erst in diesem Frühling umgewandelte ehemalige Sandkasten meines Sohnes, in dem ich Sonnenblumen und eine bunte Samenmischung angesät habe. 

Bisher sind hier nur ca. 5 oder 6 Sonnenblumenpflanzen
Opfer der Schnecken geworden...
Sonst wird überall um die Obststräucher herum nur noch gemäht.

Wie gesagt – eine leidenschaftliche Gärtnerin bin ich nicht gewesen. Aber der bewusste Abschied von der Gartenarbeit fällt mir trotzdem schwer – auch das Loslassen von nur halb geliebten Dingen ist gar nicht so einfach, muss erlebt, durchdacht und betrauert werden.

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