Samstag, 1. September 2012

Festival of Quilts: „Top Ten Trends in Art Quilts“


„Top Ten Trends in Art Quilts“ war der Titel des Vortrags von Martha Sielman (derzeitige Präsidentin von SAQA) beim Festival of Quilts in Birmingham, für den ich mich bereits im März angemeldet hatte. Damals wusste ich noch nicht, dass ich zum Zeitpunkt des Vortrags die zweite Regionalvertreterin für die Region Europe/Middle East sein würde!
Martha hat anhand von Beispielen aus der Ausstellung „Masters 2“, die in Birmingham zu sehen war, und aus verschiedenen Bänden der von SAQA veröffentlichten Portfolio-Reihe anschaulich beschrieben, was sie, in ihrer wiederholt ausgeführten Funktion als Herausgeberin von Büchern über Quilt-Künstlerinnen, als die derzeit auffälligsten Trends im Bereich der Art Quilts wahrnimmt.
Nach dem Vortrag bin ich wirklich mit etwas anderer Wahrnehmung weiter durch die Ausstellungen in Birmingham gegangen, und sogar bei der Gruppe der Miniquilts sind mir ein paar der Trends aufgefallen.

Die Trends, die Martha Sielman beschrieben hat, sind die folgenden:
1. Die deutlich häufigere Verwendung der Longarm Quilting Maschine, und sie erwartete dadurch eine zunehmende Häufigkeit von Kollaborationen, bei denen die eine das Top näht und die andere das Quilten übernimmt.
2. Die deutlich Zunahme von Hand-Arbeit wie Sticken oder besondere Stich-Arten, die sich vom üblichen Quilten unterscheiden. Als Beispiel kann dazu Dorothy Caldwells „Meeting Place“ dienen:

Dorothy Caldwell, "Meeting Place", Detail

3. Sehr dichtes Maschinen-, das als dekoratives und strukturierendes Element eingesetzt wird, manchmal auch als „Stich-Malerei“ bezeichnet. Als Beispiel nannte Martha hier „Friesischer Himmel“ von Dirkje van der Horst-Beetsma:

Dirkje van der Horst-Beetsma, "Frisian Sky"

Detail von "Frisian Sky"

4. Verwendung von durchsichtigen Stoffen, die bei Überlappen Farbveränderungen und –mischungen hervorrufen. Die Ausstellung „Masters 2“ enthielt hierfür ein wunderbares Beispiel von Risë Nagin, die Installation „codex: mandala + cross“, in der der Schattenwurf der einzelnen, mit Abstand von der Wand befestigten Teile eine wesentliche Komponente der Wirkung darstellte:

Risë Nagin, „codex: mandala + cross“

5. Recycling und Wieder- bzw. Weiterverwertung von alten Kleidungsstücken.
6. Verwendung von ungewöhnlichen Materialien wie z.B. Käseleinen, Tüll, Plastiktüten, Deko-Stoffen, etc.
7. Zunahme der Verwendung von Foto-Transfer.
8. Verzierungen wie Perlen, Stickereien, Verwendung von „Embellisher“-Maschinen.
9. Manipulation von Stoff direkt auf der Oberfläche des Quilts.
10. Verstärkte Bemühungen um Erzielen eines dreidimensionalen Effekts.

Wenn ich mir diese „Trends“ so anschaue, sind mir zwei weitere aufgefallen, die hier nicht erwähnt werden – aber ob die jetzt unter die ersten zehn gehören oder eben „nur“ auf Platz 11 und 12 kommen, ist letztendlich egal. Deutlich zugenommen hat meiner Meinung nach der Hang zum Glitzer – sei es durch Metallic-Garne, Goldfarbe oder ähnliches. Und außerdem wird immer mehr geklebt.
Und dann folgt als nächster Schritt natürlich die kritische Betrachtung der eigenen Arbeitsweise. Longarm-Quilten käme für mich schon in Frage, wenn ich eine hätte, allerdings nicht in Form von „Quilten-Lassen durch andere“. Die Zunahme von Hand-Arbeit auf meinen eigenen Quilts ist eindeutig, die Kombination von Maschinenquilten mit Stickerei o.ä. finde ich auch für meine eigene Arbeit reizvoll. Das ganz dichte Maschinen-Sticken ist nichts, was ich mir für meine Arbeit vorstellen könnte, wenn ich auch die Arbeiten von z.B. Dirkje van der Horst-Beetsma wirklich bewundere. Durchsichtige Stoffe habe ich z.Zt. überhaupt keine in meinen Vorräten und kann sie deshalb auch nicht einsetzen. Recycling ist ja das ganz ursprüngliche Patchwork. Deshalb kommt es für mich eigentlich immer in Betracht, wenn ich es auch in letzter Zeit weniger angewendet habe, weil es für die Serien, an denen ich jetzt gearbeitet habe, nicht gepasst hat. Die Verwendung von ungewöhnlichen Materialien wird sicher in meiner Arbeit noch mehr eine Rolle spielen. Mit einem Plastikzaun habe ich ja schon mal angefangen. Foto-Transfer reizt mich gar nicht, auch eine Embellisher-Maschine werde ich mir sicher nicht zulegen. Das Manipulieren von Stoff auf der eigentlichen Quiltoberfläche und das Erreichen einer zusätzlichen Dreidimensionalität hingegen finde ich äußerst interessant und bin selbst gespannt, wie sich das noch bei mir zeigen wird.
Dieser Vortrag hat sich also nicht nur als eine kleine Inventur der Trends in der Quiltwelt entpuppt, sondern mir selbst auch einiges zum Nachdenken gegeben darüber, wie sich wohl meine eigene Arbeit weiterentwickeln wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen